JUMA 2/04, Fünf gute Gründe sprechen für Leizpig
JUMA 2/2004 Seite 8-13

Ganz Leipzig träumt von den Olympischen Spielen

Fünf gute Gründe sprechen für Leizpig

Leipzig hat sich für Deutschland um die Olympischen und Paralympischen Spiele 2012 beworben. Fünf gute Gründe sprechen für die sächsische Stadt, meinen die Organisatoren. JUMA hat Paten für diese Gründe gesucht und gefunden: Jugendliche, die in Leipzig das Sportgymnasium besuchen.
Grund 1
Leipzig - Heimat für Olympia

”Die Bewerbung Leipzigs ist Ausdruck der Leidenschaft für den Sport, des Engagements mit Herz für die Idee und des Ehrgeizes der Region. Die Menschen der Olympiaregion freuen sich darauf, gute Gastgeber zu sein.“*

Die Säule am geplanten Olympiagelände zeigt die Zeit bis zur Entscheidung.
Leipzig braucht den Erfolg
Conny, 19 Jahre, ist Turnerin. ”Ich war auf dem Rathausplatz, als die nationale Entscheidung für Leipzig fiel“, erzählt Conny. Mit ihr jubelten, tanzten und sangen 65 000 Menschen. Das war im April 2003. Hamburg, Frankfurt, Düsseldorf und Stuttgart waren geschlagen, Leipzig der Kandidat für Olympia. ”Als Leistungssportlerin identifiziert man sich mit seiner Stadt“, sagt Conny, die in Leipzig geboren ist.
Bereits als kleines Kind hat sie ihr Herz für den Sport entdeckt. Kein Wunder bei dem Elternhaus: Die Mutter war erfolgreiche Leichtathletin, der Vater DDR-Meister im Turnen. ”So bin ich auch zum Turnen gekommen“, erzählt Conny.
Conny, Turnerin: Sie wünscht Leipzig den Erfolg
Seit 13 Jahren macht sie jetzt Leistungssport. Im Sportgymnasium besucht sie die letzte Klasse. Dort nimmt man Rücksicht auf die sportlichen Karrieren der Schüler: Normalerweise endet das Gymnasium in Sachsen mit der 12. Klasse. Am Sportgymnasium kann man die Schulzeit ”strecken“, also das Abitur später machen. ”Das geht aber nur, weil unsere Schüler diszipliniert für den Erfolg in Sport und Schule arbeiten“, erklärt Hans-Joachim Röder, der stellvertretende Schulleiter.
Conny hat 3 Jahre gestreckt und so mehrere sportliche Titel erreicht: zum Beispiel Sachsenmeisterin und Deutsche Meisterin im Mehrkampf (1). 2004 will sie an den Olympischen Spielen in Athen teilnehmen. Doch durch Verletzungen ist dieses Ziel in weite Ferne gerückt. Bei den Olympischen Spielen 2012 ist sie zu alt für eine Teilnahme. Das ändert nichts an Connys Einstellung. Sie sagt: ”Ich wünsche Leipzig den Erfolg, weil die Stadt ihn gebrauchen kann.“
Grund 2
Leipzig - Entwicklungen haben Raum

”Innerstädtisch gibt es große Flächen zur Entwicklung der olympischen Sport- stätten. Diese Areale sind heute schon verfügbar. Der Olympiapark Leipzig ist von der Innenstadt zu Fuß erreichbar. Leipzig wird als ganze Stadt zum olympischen Dorf.

Freifläche vor der Arena Leipzig
Ganz Leipzig wird ein Dorf

Michael, 19 Jahre, ist Flossenschwimmer. Bei dieser Sportart macht man Beinbewegungen wie beim Delphinschwimmen. An den Füßen tragen die Schwimmer eine Monoflosse. ”Da sieht man aus wir Arielle, die Meerjungfrau“, erklärt Michael lachend. Das Flossenschwimmen wurde 1986 vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) als olympische Disziplin anerkannt. Es wurde allerdings noch nicht in das Programm aufgenommen. Vielleicht klappt’s ja 2012 in Leipzig oder schon 2008 in China.
Michael, Flossenschwimmer: Er hofft, das seine Disziplin spätestens 2012 olympisch wird - dann in Leipzig.
Michael hofft, dass er dann dabei ist. Im letzten Jahr ist er an die deutsche Spitze herangekommen. Mit der Mannschaft war er 2-facher Deutscher Meister. Die Trainingsbedingungen in Leipzig findet Michael optimal. ”Wir trainieren in der Uni-Schwimmhalle. Die ist nur 50 Meter von der Schule entfernt“, erzählt er. Die große Sportarena und das Fußballstadion liegen ebenfalls nur wenige Meter entfernt. Dort ist auch der geplante Platz für das olympische Dorf und den Olympiapark. Im Norden der Stadt liegt das Leipziger Messegelände. Hierhin wollen die Olympia-Planer einige Hallensportarten bringen. Im Süden Leipzigs gab es früher Bergbau. Jetzt sind hier große Seen und Hügel entstanden: Platz für die Wettkämpfe im Gelände und für Wassersportarten. Vom Hauptbahnhof aus braucht man mit der Straßenbahn oder mit Bussen höchstens eine halbe Stunde zu den geplanten Sportstätten. ”Ganz Leipzig wird ein olympisches Dorf“, hofft Wolfgang Tiefensee, der Oberbürgermeister der Stadt.
Schon jetzt hat Leipzig eine Menge zu bieten, findet Michael: ”Es gibt eine Wasserskianlage, Bowlingbahnen und Beachvolleyballplätze. Da kann man sich sinnvoll in der Freizeit beschäftigen.“
Grund 3
Leipzig - Wettbewerbe mit Sportsgeist

”Der Sport ist untrennbar mit der Entwicklung der Stadt verbunden und prägt das gesamtstädtische Leben. Erinnert sei an die großen sportlichen Traditionen, an die Gründung großer Sportverbände (Deutscher Fußball-Bund, Bund Deutscher Radfahrer, Beginn der Deutschen Turner-Bewegung), die sportwissenschaftlichen Institute und Forschungen, an die vielen erfolgreichen Olympioniken und nationalen wie internationalen Meisterinnen und Meister. In der Olympiaregion Leipzig ist der Sport zu Hause.“

Ergometer im sportwissenschaftlichen Institut
Alle freuen sich auf die Spiele

Simon, 14 Jahre, ist Judoka (2). ”Als Leipzig die Olympiabewerbung gekriegt hat, war ich gerade auf einem Wettkampf“, erzählt er. ”Da habe ich sofort dran gedacht, wie das ist, wenn man da selber mitmacht. Und dann auch noch in der Heimatstadt.“
Kurz vor der Grundschule hat Simon mit dem asiatischen Kampfsport angefangen. Jetzt trägt er den grünen Gurt und hat bereits einige Titel errungen: Er war mitteldeutscher Vizemeister und hat ein paar internationale Turniere gewonnen.
Simon, Judoka: Er will seinem großen sportlichen Vorbild nacheifern.
Im Moment geht Simon in die 8. Klasse. Er fährt jeden Morgen mit der Straßenbahn 45 Minuten bis zum Sportgymnasium. Viele seiner Mitschüler sind ebenfalls Judokas. ”Wir trainieren fünfmal in der Woche“, verrät er. Sein sportliches Vorbild ist Udo Quellmalz.
Quellmalz war 2000 Olympiasieger in Atlanta, mehrmaliger deutscher Meister und Weltmeister im Judo. Er ist einer von vielen Athleten, die aus der sächsischen Stadt kommen. Einige haben vor Simon das Sportgymnasium besucht und siegten bei Olympischen Spielen: zum Beispiel Kristin Otto, 1988 sechsfache Goldmedaillengewinnerin im Schwimmen, Anett Schuck, 1996 und 2000 Goldmedaillengewinnerin im Kanu oder Jens Lehmann, 1992 und 2000 Gold- und Silbermedaillengewinner im Bahn-Radsport. Sie alle freuen sich auf die Spiele: ”Der Zuschlag des NOK (3) für Leipzig 2012 ist für mich das Größte, was ich bisher erlebt habe. Für mich war das einer der wenigen Momente in meinem Leben, die mich aus der Fassung gebracht haben. Ich kann mir nur zwei Ereignisse vorstellen, die das noch toppen (4) könnten: der internationale Zuschlag 2005 und die Olympischen Spiele 2012 selbst“, meint Olympiasieger Lehmann.
Grund 4
Leipzig - Bewegung und Fortschritt

”Die Stadt ist nicht überlastet und hat große Reserven. Die Verkehrsinfrastruktur wird im Jahre 2012 alle nötigen Voraussetzungen mitbringen, um dieses Großereignis durchzuführen. Die Flughäfen, die Bahnverbindungen, die Bundesautobahnen und der öffentliche Nahverkehr werden vorbildlich ausgebaut sein.“

Leipziger Hauptbahnhof mit Einkaufspassagen
Ziel: die Teilnahme an den Spielen
Christoph, 13 Jahre, ist Schwimmer. Er kann sich noch gut erinnern, wie er zu diesem Sport kam: ”Mit vier Jahren bin ich im Urlaub ins Wasser gefallen. Mein Vater hat mich rausgezogen. Darum musste ich schwimmen lernen.“ Das hat ihm so viel Spaß gemacht, dass er bis heute weitergemacht hat.
In der 4. Klasse hat sich Christoph für das Sportgymnasium entschieden. Doch zunächst musste er sich bewerben: ”Für Schwimmer gibt es einen Eignungstest. Nicht nur sportlich müssen die Leistungen stimmen, schulisch auch.“ Christoph schaffte den Test, sagt aber: ”In meiner Klasse sind 11 Schwimmer. Die Konkurrenz ist groß.“
Christoph, Schwimmer: Er will an olympischen Spielen teilnehmen - spätestens in Leipzig.
Er trainiert seit zwei Jahren sechsmal in der Woche 1 1/2 bis zwei Stunden im Wasser und macht anschließend noch Athletik. Mit Erfolg: 2002 wurde er süddeutscher Jahrgangsmeister in 50 m Brust und 2003 Vizemeister in 100 m Brust.
Ins Kino gehen, Freunde treffen? Dafür ist nur wenig Zeit. Schließlich muss Christoph auch für die anderen Schulfächer arbeiten. In der fünften Klasse ging es im Geschichtsunterricht um die Stadt Leipzig. Die Schüler besuchten Museen und historische Plätze in der Stadt. Der Freistaat Sachsen, seine historische Entwicklung und wichtige Persönlichkeiten wie Luther und Goethe stehen bis zur 12. Klasse auf dem Lehrplan.
Am Wochenende hat Christoph häufig Wettkämpfe. Am Tag der Olympiaentscheidung war er gerade im Wasser, als der Sprecher die Wahl bekannt gab. ”Ich konnte das zuerst gar nicht glauben. Ich habe mich riesig gefreut“, sagt Christoph. Sein persönliches Ziel: die Teilnahme bei Olympischen Spielen - spätestens 2012 in Leipzig.
Grund 5
Leipzig - Kultur von Welt

”Sachsens Kultur ist die Wiege für weite Teile der deutschen und europäischen Kultur. Hier lebten und arbeiteten Komponisten wie Johann Sebastian Bach und Felix Mendelssohn-Bartholdy; der Wegbereiter der Reformation Martin Luther, Gotthold Ephraim Lessing oder Gottfried Wilhelm Leibniz läuteten die Neuzeit und das Zeitalter der Aufklärung ein. Verleger, Dichter und Künstler fanden und finden in Sachsen ihre Heimat.“

Die Moritzbastei, kultureller Treffpunkt für Studenten
Der Traum vom Sieg

Tobias, 18 Jahre, ist seit drei Jahren Radrennfahrer. Vorher hat er bereits verschiedene andere Sportarten ausprobiert. ”Dann bin ich mal aus Spaß bei einem Radrennen mitgefahren“, sagt Tobias. Er erreichte einen guten Platz und beschloss mit dem Radsport weiter zu machen. Jetzt fährt er Straßenrennen und Mannschaftsverfolgung auf der Bahn. 2003 war sein erstes Wettkampfjahr. Die Bilanz: ”Die Saison ist ganz gut gelaufen. Ich mache aber noch technisch-taktische Fehler.“
Tobias, Radrennfahrer: Er träumt von Olympischen Spielen in Leipzig.
Immerhin gehört er zu den besten 15 Radrennfahrern seines Jahrgangs deutschlandweit.
Die Karriere eines Radsportlers kann lange dauern: Radrennfahrer nehmen noch mit 35 Jahren an Wettbewerben teil. Eine gute Chance also für Tobias, 2012 bei Olympia dabei zu sein: ”Hoffentlich in Leipzig!“
Im Jahr sitzt Tobias ca. 22 000 Kilometer im Sattel. Es gibt viele kleine Straßen in der Umgebung und in Grimma auch ein paar Berge. ”Wenn wir Zeit haben, trainieren wir in der Gruppe“, erzählt Tobias. Meistens ist er jedoch allein rund um Leipzig unterwegs. Es gibt auch eine Radrennbahn in Leipzig, doch die ist schon alt. Für die olympischen Spiele ist eine neue Bahn geplant. ”Zukunftsmusik“, meint Tobias.
Tobias Heimatstadt ist Aschersleben. Dort betreiben seine Eltern ein Fitnessstudio. Die Stadt liegt ca. 1 1/2 Stunden mit der Bahn von Leipzig entfernt. Darum schläft Tobias während der Woche im Wohnheim des Olympiastützpunktes der Radrennfahrer. Am Wochenende fährt er mit dem Regionalexpress von Europas größtem Kopfbahnhof (5) aus in Richtung Heimat. Und träumt auf der Rückfahrt manchmal schon vom 6. Juli 2005. Denn da vergibt die IOC-Vollversammlung in Singapur die Spiele 2012. Die Konkurrenz scheint übermächtig: Havanna, Istanbul, London, Madrid, Moskau, New York, Paris und Rio de Janeiro wollen die Spiele auch. Doch man darf ja wohl träumen, oder nicht?
Christian Vogeler

1 Mehrkampf - Wettkampf im Turnen (Schwebebalken, Stufenbarren, Sprung Tisch,     Boden)
2 Judoka - Judokämpfer
3 NOK (Abk.) - Nationales Olympisches Komitee
4 toppen - übertrumpfen
5 Kopfbahnhof - Bahnhof, in dem alle Gleise enden

*Zitate (sprachlich vereinfacht) aus: www.leipzig2012.de; Vision Olympia - Philosophie
   

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