JUMA 2/04, Zu Hause in deutschen Regalen
JUMA 2/2004 Seite 28-29

  Zu Hause in deutschen Regalen

Jetzt wird’s persönlich: Diese Damen und Herren aus aller Welt wollen uns in Deutschland von ihren landestypischen Produkten überzeugen. Wir haben uns die neun und ihre Angebote etwas genauer angesehen.

Alte Bekannte

Seit über 40 Jahren wird sie nicht älter: Frau Antje, eine Werbefigur für holländische Milchprodukte. Und es ist auch nicht nur eine, die uns Butter und Käse aus den Niederlanden schmackhaft macht. Nein, Frau Antje aus dem Fernsehen hat viele Schwestern. Sie stehen hinter den Käsetheken der Grünen Woche1 oder auf Freizeit- und Reisemessen. Frau Antje ist in Deutschland die Symbolfigur für die Niederlande. Die Auswahlkriterien sind immer die gleichen: Antje soll natürlich holländisch sprechen, zwischen 20 und 25 Jahre alt sein, blonde Haare und rote Backen haben. Und gut aussehen in einer niederländischen
Tracht. Übrigens: In ihrer Heimat ist die Dame fast unbekannt.
Er bleibt immer der Alte: Der Mann, der angeblich Ilja Rogoff heißt, vom Balkan stammt und 117 Jahre alt ist. Seine Knoblauchpillen sollen das Herz- und Kreislaufsystem unterstützen - die beste Voraussetzung, um genauso alt zu werden wie der Mann auf der Pillenschachtel. Ob’s hilft? Immerhin verspricht die Packung, dass die Pillen zum ”körperlichen Wohlbefinden“ beitragen. Darum hat man Knoblauch, Weißdorn, Mistel und andere Heilpflanzen zu dieser Wunderpille gemixt. Früher turnte ein Ilja Rogoff aus Pappe in allen Apothekenschaufenstern stundenlang am Reck. Allerdings wurde er dabei nicht von den Pillen, sondern von einem Elektromotor angetrieben.
Er hatte den besten Reis und ist doch ein anderer: Uncle Ben aus den USA. Der Name geht auf eine Legende zurück. Der Reisbauer Uncle Ben aus Texas pflegte seine Reispflanzen mit besonders viel Liebe und Sorgfalt. So wurden sein Reis und sein Name berühmt. 1943 gab darum ein Unternehmen aus Houston seinen Produkten den Namen Uncle Ben’s. Der nette Herr auf den Packungen ist jedoch ein anderer. Für das Gesicht stand ein guter Freund des ersten Chefs der Firma Modell: Frank Brown, Kellner eines Chicagoer Restaurants.

Stars ohne Namen

1865 entwickelte der Apotheker James Lofthouse in Fleetwood, einem kleinen Fischerort in Nordengland, eine Pastille gegen Husten und Heiserkeit. Da die Pastille vor allem bei den Seeleuten beliebt war, bekam sie den Namen Fisherman’s Friend (Fischers Freund). Ein Jahrhundert später fingen die Nachfahren des Apothekers an, das Produkt zu verkaufen. 1974 wurden die Pastillen zum ersten Mal ins Ausland nach Norwegen exportiert. Mit dabei: Der bärtige Fischer mit Pfeife und Ölzeug.

So stellt man sich in Deutschland den typischen Franzosen vor: Einen dicken Schnäuzer im Gesicht, eine Baskenmütze auf dem Kopf und ein Glas Wein in der Hand. Leider hat er keinen Namen. Darum haben wir ihn Monsieur Jacques getauft. Kein Wunder, dass Monsieur Jacques für alle möglichen ”typisch französischen“ Produkte in Deutschland wirbt: Baguettes, Käse und Wein zum Beispiel. Und für eine Packung Weingummi.

”Maja“ ist spanisch und bedeutet ”schönes Mädchen“. Doch eigentlich ist die Flamencotänzerin auf der Seife kein Mädchen, sondern eine richtige Dame. Und wenn die zu uns kommt, liegen Kastagnetten2, Gitarren, Rythmus und Gefühl in der Luft - sagt der Hersteller. Und: ”Maja ist ein Duft aus der Seele Spaniens. Nach Maja riecht der ganze Bus, wenn Sie zum Wochenende in die Stadt fahren. So beliebt ist Maja.“ Wer’s nicht mag, kann ja Taxi fahren.

Italien - seit den 50-er Jahren das Land deutscher Urlaubsträume. Und das Land der vielen unterschiedlichen Kaffee-Getränke. Der unbekannte Gondoliero3 serviert uns abends auf der Lagune von Venedig Cappuccino. ”Fein cremig und mit einem Hauch von Schokolade“, verrät der Text auf der Packung. Doch wie bekommt man Kaffee mit aufgeschäumter Milch - typisch für den italienischen Milchkaffee - in die Tüte? Des Rätsels Lösung: als ”kakaohaltiges Getränkepulver“.

In der griechischen Sage kommt Aristaios, Sohn des Apollon und der Kyrene, als Schäfer vom Olymp auf die Erde und zeigt den Menschen, wie man Käse macht. Ungefähr seit dieser Zeit nimmt man für richtigen griechischen Fetakäse Schafs- und Ziegenmilch. Doch was hütet der Hirte auf der Feta-Packung? Bestimmt keine Schafe! Denn in der Packung ist Käse aus Kuhmilch, der wie Schafskäse schmeckt.

Der texanische Cowboy am Grill schließlich wirbt für Taccos. Das sind ”herzhaft knackige Ringe mit würzigem Paprika-Schinken-Geschmack“. Die auf der Packung abgebildeten leckeren Fleischspieße sind nicht in der Tüte. Die muss jeder Cowboy selbst mit bringen.
Christian Vogeler

 

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