Hennings Reisetagebuch JUMA 2/2003
JUMA 2/2003 Seite 8-13

  Reisetagebuch

Es ist soweit: In diesem Sommer fährt Henning, 13 Jahre, das erste Mal ohne Eltern in Urlaub. Die Reise des Jugendferienwerkes Nordrhein-Westfalen geht nach Stralsund an der Ostsee. Zusammen mit 44 anderen Jugendlichen, die er nicht kennt. Ob das gut geht?

Henning (5. von links) und die anderen jungen Bootsfahrer beim Grillen.
Die Busfahrt

Habe ich irgendwas vergessen? Egal, es ist sowieso zu spät. Ich sitze im Bus. Die ganze Familie steht draußen und winkt. 14 Tage ohne Eltern – und ohne Till und Gil. Die freuen sich schon auf die Zeit ohne mich. Na ja, ich kann auch ganz gut mal auf kleine Geschwister verzichten!

Ich habe mir einen guten Platz gesichert – direkt vor dem Fernseher. Ziemlich komfortabel, dieser Bus. Es gibt sogar ein Klo. Die anderen Typen scheinen ganz nett zu sein. Bis auf zwei, die machen große Sprüche. Der Betreuer heißt Nicholas. Wir fahren von Köln nach Duisburg, sammeln Leute ein und fahren anschließend nach Dortmund. Dort steigen der Rest der Gruppe und die Betreuer Anke, Tine und Thomas ein. Inzwischen ist es fast Mitternacht. Der Busfahrer zeigt ein Video. Ich schlafe irgendwann ein. Zweimal halten wir irgendwo zum Tanken und besorgen uns Süßigkeiten. Zwischen 6 und 7 Uhr morgens ist Wecken. Noch eine Stunde bis zum Ziel. Mann, bin ich müde!

Die Ankunft

Marina Neuhof – wir sind am Ziel. Am Eingang stehen jede Menge Boote. Dann kommt eine Wiese mit Zelten, dahinter ein Bunker. Ich gehe mit Marius und Lars in ein Zelt. Wir blasen unsere Luftmatratzen auf und packen unsere Schlafsachen aus. Da gibts doch glatt welche, die keinen Schlafsack haben! Denken die, das ist ein Hotel hier? Anschließend gibts Frühstück im Bunker. Die Brötchen sind ziemlich weich, sonst ist alles o.k. Wir sitzen auf Bänken an langen Holztischen. In der Ecke ist eine Bar. Den Tag verbringen wir mit abhängen1, pennen und rumgucken. Der Strand ist direkt hinter dem Zeltplatz. Die Duschen und Toiletten sind in zwei Containern. Irgendwie stimmt das Verhältnis nicht: Es gibt nur 2 Duschen für 40 Jungs. Für die 5 Mädels sind 5 Duschen da – ungerecht!

Die Bootstouren

Ab dem 2. Tag ist Boot fahren angesagt. Wir machen eine Woche lang Kajaktouren. Die Boote sind ziemlich schwer. Wir tragen sie zu viert ins Wasser. In jedem Kajak sitzen 2 Leute. Ich bin mit Sebastian aus Dortmund zusammen in einem Boot. Das Steuern ist nicht so leicht. Zum Üben spielen wir Wasserpolo. Ganz schön anstrengend! Nur bei Rückenwind gehts schnell. Immer wieder kommt Wasser ins Boot. Mir wird schnell kalt. Hoffentlich ist in den Duschen noch warmes

Wasser!

Jeden Tag fahren wir mit dem Kajak aufs Meer. Ein Wunder: Ich bekomme keinen Muskelkater und auch keine Blasen an den Händen. Eine Tour geht nach Stralsund. Dort ist gerade Powerboot-Rennen. Die Dinger gehen ganz schön ab! Dann besichtigen wir ein Naturschutzgebiet. In der Kormorankolonie sind alle Bäume abgestorben – vom Vogeldreck. Selbst das Wasser ist ätzend. Bloß nicht mit den Füßen da rein!

Meistens sind wir von 10 Uhr morgens bis 4 Uhr nachmittags unterwegs. Zwischendurch machen wir Pausen zum Spielen, Ausruhen und Grillen. Am letzten Tag testen wir, wie viele Leute ein Kajak trägt. Erst bei 16 ist Schluss!

Ein paar Spielregeln

Vierzehn Tage Sonnenwetter? Das ist nur ein Traum. An vier Tagen haben wir Regen. Der Zeltplatz steht unter Wasser, einige Zelte auch. Die Betreuer organisieren neue Iglu-Zelte. Wir haben kein Problem mit dem Regen. Auch sonst klappt es mit den Leuten in meinem Zelt ganz gut. Meistens ist es nach 2 Tagen ziemlich unordentlich. Darum schmeißen wir jeden 3. Tag alles aus dem Zelt, machen sauber und räumen auf. Dann kommen die Sachen wieder rein.

Sechs Leute haben zwei Tage lang Küchendienst, dann kommen andere dran. Die müssen die Tische decken und abdecken, spülen und das Essen holen. Dreimal gibt es Milchreis, einmal pappige Spaghetti, sonst ist das Essen in Ordnung. Zu trinken gibt es einen merkwürdigen Vitaminsaft: Schartner Bombe. Nach ein paar Tagen ist das Zeug Kult: Ich will ene Bombe!

Um 11 Uhr abends ist Bettruhe, um 8 Uhr morgens Wecken. Die Betreuer gehen von Zelt zu Zelt und kontrollieren, ob jeder in seinem Schlafsack ist. Trotzdem bekommen wir ziemlich wenig Schlaf ...

Die Ausflüge

In Marina Neuhof steht ein einziger Kiosk, und der ist ziemlich teuer. Darum bin ich bei fast jedem Ausflug dabei. Zweimal fahren wir nach Stralsund. Zu dritt dürfen wir dort allein rumgehen. Wir bummeln durch die Geschäfte, essen einen Döner und gucken uns den Hafen an. Außerdem besorgen wir uns Vorräte: Bonbons, Weingummi, Schokolade und Chips.

Eine Tour geht auf die Insel Rügen. Dort finden die Störtebeker-Festspiele statt. Das ist ein Theaterstück auf einer Freilichtbühne. Während des Stücks schieben die eine komplette Burg über die Bühne. Im Hintergrund ist ein See, auf dem echte Schiffe fahren. Das gehört zur Handlung. Klar, Störtebeker war schließlich Seeräuber.

Das Leben im Camp

Meistens ist das Wetter o.k. Ich gehe fast jeden Tag schwimmen. Andere gehen in ihre Zelte und lesen. Es gibt ein paar Segelboote, doch die meisten wollen surfen. Ein paar Surflehrer, die in Neuhof ihre Ausbildung machen, unterrichten uns. Das klappt ziemlich gut. Schon nach drei Tagen surfen wir in der Bucht rum. Nur ein paar schaffen es nicht zurück. Die holt ein Boot zurück.

Am Strand ist ständig was los. Jeden Tag schmeißen wir einen ins Wasser – mit vollen Klamotten! Bei einer Strandolympiade müssen wir Sandburgen bauen, in der Staffel schwimmen, Tau ziehen und Teebeutel möglichst weit werfen.

Ehrensache: Meine Gruppe gewinnt. Der Preis: Cola und Süßigkeiten.

Abends ist meistens Party. An drei Abenden ist ein Surflehrer der Diskjockey. Bei der Filmnacht sehen wir drei Videos hintereinander. Beim dritten Film – Herr der Ringe – schlafe ich ein.

Der Abschied

Am letzten Tag feiern wir ein Neptun-Fest. Die Mädchen verkleiden sich als Nixen. Kai und ich sind Häscher: Wir fangen andere Leute und beschmieren sie mit Mehlpampe. Beim Ersten ist das ganz leicht. Der weiß noch nicht, was passiert. Doch die anderen passen besser auf. Die Gefangenen müssen noch einen fürchterlichen Mix aus Tee, Salz und Gewürzen trinken. Anschließend geht’s zur Taufe ins Wasser. Zur Belohnung bekommen sie eine Urkunde von Neptun. Abends machen wir Party 2 bis spät in die Nacht.

Die Rückfahrt

Morgens um 10 Uhr startet der Bus. Die Koffer haben wir schon am Tag vorher gepackt. Der Busfahrer ist komisch. Er meckert, weil wir laut singen. Gut, die Lieder sind ziemlich heftig ... Während der Fahrt laufen noch zwei Filme. Die Zeit geht ziemlich schnell rum. Habe ich von allen die Telefonnummern? Ein paar muss ich noch in meinem Handy speichern. Kurz nach 9 fährt der Bus auf den Parkplatz in Köln. Wir sind nur noch fünf Leute und Nicholas. Die meisten sind schon vorher ausgestiegen. Worauf ich mich jetzt freue? Ein vernünftiges Essen, eine warme Dusche und ein richtiges Bett. Und dann erst mal ausschlafen!

1 abhängen – faulenzen
2 Party machen – umgangssprachlich für: feiern

 

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