Labyrinth Fluchtweg JUMA 2/2003
JUMA 2/2003 Seite 22-23

  Labyrinth Fluchtweg

Bescheid wissen: Infotafeln vor dem Eingang (links)
Schweigend sitzen wir im Laderaum eines Lasters. Es ist dunkel. Wir haben Angst. Draußen plötzlich die Stimme eines Mannes. Was haben Sie geladen? Haben Sie etwas zu verzollen? Der Fahrer antwortet. Unser Glück: Wir werden nicht kontrolliert. Geschafft! Nach wenigen Kilometern lässt uns der Fahrer des Lasters ins Freie: Jetzt seid ihr in Sicherheit!

Eine typische Flüchtlingssituation. Wir kennen das aus dem Fernsehen. Doch heute ist alles anders. Denn wir sind es selbst, die das erleben. Die Erlebnisausstellung Labyrinth Fluchtweg macht uns in sieben Stationen zu Flüchtlingen. Über Kopfhörer erfahren wir, was passiert. Schnell weiter zur nächsten Station, und vergessen Sie Ihr Gepäck nicht!, mahnt uns die Stimme vom Tonband. Einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung müssen wir ausfüllen. Der Zweck unseres Aufenthaltes? Haben wir eine Arbeitsgenehmigung? Wie wollen wir unser Geld verdienen? Viele Fragezeichen!

Doch schon geht das Rollenspiel weiter. Hinter einem winzigen Fenster erwartet uns ein Mann. Wie heißen Sie? Woher kommen Sie? Was wollen Sie in Deutschland? Freundlich klingt das nicht. Schließlich bekommen wir eine Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens. Es folgen Fotos, Fingerabdrücke, neue Fragen. Dann ein dunkler Raum. Jetzt sind wir Asyl- bewerber irgendwo abends auf der Straße unterwegs. Plötzlich Rufe, Beschimpfungen, Hass. Und wieder müssen wir fliehen.

Doch es kommt noch schlimmer: die Abschiebung! Unser Antrag wurde abgelehnt. Auf einem Video sehen wir Menschen in Handschellen, die abgeführt werden. Zum Schluss doch noch Hoffnung: Die Abschiebung ist wegen Schwangerschaft zur Zeit nicht möglich. Mit gemischten Gefühlen verlassen wir die letzte Station. Aufatmen: Wir sind wieder wir selbst! Ganz unterschiedlich sind die Reaktionen der Besucher. Man kam sich richtig eingeengt vor. Als ein Mann zu mir sagte: Sie haben einen Diebstahl in Österreich begangen!, fühlte ich mich sehr seltsam, sagt Johannes, 15 Jahre. Zwischendurch war es gar nicht mehr wie ein Spiel. Es kam richtig ernst rüber!, meint Simone, 15 Jahre. Und Philipp, 15 Jahre, sagt: Mich hat überrascht, dass die Flüchtlinge wie Straftäter behandelt werden.

Doch es gibt auch andere Stimmen: Das sind Probleme, die jeder kennt. Die lassen sich nicht durch solche Aktionen beseitigen, findet Jenny, 15 Jahre. Irene, 16 Jahre fand

die Darstellung oberflächlich. Robert, 17 Jahre, ist froh, dass wegen des Besuchs der Ausstellung zwei Schulstunden ausgefallen sind. Und eigentlich interessiert ihn das Thema auch nicht besonders: Ich kann als Deutscher ja nicht abgeschoben werden!

Michael Rogalski, Mitarbeiter des Caritasverbandes für den oberbergischen Kreis, Sozialdienst für Flüchtlinge, führt in der Ausstellung die simulierten Antragsgespräche. Er kennt solche Stimmen: Die meisten Schülerinnen und Schüler sind schockiert und überrascht. Doch von einigen – meist männlichen – Jugendlichen kommen auch dumme Kommentare. Wichtig ist, dass die Lehrer vorher mit den Schülern über die Ausstellung sprechen. Rogalski wünscht sich ein noch größeres Engagement von Eltern und vor allem von Lehrern. Ohne das darf man sich nicht über leere Sprüche wundern! Christian Vogeler

... Asyl stammt aus dem Griechischen; Asylon bedeutet Zufluchtstätte, asylos das, was nicht ergriffen werden kann. In früheren Zeiten waren Asyle meist geheiligte Orte, die den Flüchtenden vor dem Zugriff der weltlichen Macht schützten.

Laut Genfer Flüchtlingskonvention soll das Asylrecht Menschen, die wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe und politischer Überzeugung verfolgt werden, schützen. Allgemeine Notsituationen – wie Armut, Bürgerkriege, Naturkatastrophen oder Arbeitslosigkeit – sind damit als Gründe für eine Asylgewährung ausgeschlossen. In Deutschland ist das Asylrecht im Grundgesetz verankert.

Nur ein geringer Teil derer, die sich auf Asyl berufen, werden als Asylberechtigte anerkannt. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge hat zwischen 1990 bis einschließlich 2001 über Erstanträge von 2 460 384 Personen entschieden. Die Asyl-Anerkennungsquote in diesem Zeitraum lag dabei durchgängig unter 10 % mit dem niedrigsten Wert von 2,96 % im Jahr 2000 und dem höchsten Wert von 9,04 % im Jahr 1995 ...

Quelle: Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, www.bafl.de

 

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