JUMA 2/2005 Seite 12-13
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Poetry-Slam in Deutschland In vielen Kulturkreisen spricht man seit langem Gedichte und Texte laut und mit Rhythmik, Klang oder Melodie. Diese Tradition reicht von den Meistersingern (2) bis zum Dadaismus (3). In den 1990-er Jahren kamen gesprochene Texte in Deutschland wieder in Mode. Bei mir war das damals so: Ich hatte keine Lust mehr, mit meiner Rap-Band Zentrifugal immer nur bei Konzerten aufzutreten. Ich hatte sehr viel Zeit für das Schreiben der Texte verwendet. Darum wollte ich sie gerne pur auf die Bühne bringen. Damals wusste ich noch gar nichts von Poetry-Slam. Ich fand schließlich Bühnen, auf denen man Raptexte und Kurzgeschichten vortragen konnte. Dort bin ich aufgetreten. Heute gibt es in ganz Deutschland regelmäßig Slams. Poetry-Slam und das Publikum Viele Leute, die zum Poetry-Slam kommen, sind aus der Medienszene. Die sitzen vielleicht den ganzen Tag vor dem Bildschirm und sagen sich abends: Hey, statt Fernsehen mache ich mir die Bilder lieber im Kopf. Denn das ist ja der Sinn von Poetry-Slams: Jemand erzählt Geschichten, und bei den Zuhörern entsteht dazu der Film im Kopf. Das Publikum ist meistens relativ jung. Slam ist eine offene Plattform. Jeder kann auf die Bühne gehen. Darum gibt es guten und schlechten Poetry-Slam. Natürlich muss sich jeder sein eigenes Urteil bilden. Das einzige Kriterium ist der persönliche Geschmack. Es gibt verschiedene Stile, darum kann man Poetry-Slam nicht als eine Stilrichtung bezeichnen. Bei den Veranstaltungen findet man alle Texte: von Kurzgeschichten über Comedytexte bis zu Rap oder auch klassische Versformen wie das Sonett. Manchmal gibt es auch Zwischenformen. Ich habe selbst mal eine Geschichte geschrieben, die sich immer mehr zum Rap steigert. Manche Leute sprechen von Slam-Poetry, aber ich bin ein Gegner davon. Die Unterschiede sind einfach zu groß. Ein Slam-Text entsteht bei den meisten Schreibern aus dem Alltag heraus. Es geht oft um alltägliche Situationen, die aus einer neuen Perspektive betrachtet werden. Authentizität (5) ist wichtig: Man muss dem, der auf der Bühne steht, die Texte auch glauben. Das hat Poetry-Slam mit Rap gemeinsam. Einige klassische Dichter grenzen sich von Slam-Poetry ab, weil sie sich für was besseres halten. Als Slam-Poet läuft man nämlich Gefahr (6), mit allen Leuten in einen Topf geworfen zu werden (7), die bei einem Poetry-Slam auftreten. Außerdem lebt Slam vom gesprochenen Wort, da sind die Texte noch roh und ungeschliffen. Da saß noch kein Verleger dran, der gesagt hat: Das kommt in den Druck, das nicht. Das macht eine ganz eigene Qualität aus. Zum Glück gibt es immer mehr Autoren des klassischen Literaturbetriebs, die auch auf Slams auftreten. Ich bin froh über solche Überschneidungen, denn ich glaube, beide Seiten können voneinander profitieren. Protokoll: Christian Vogeler Worterklärungen Bücherflohmärkte sind beliebte Treffpunkte von neugierigen Lesern, z.B. während der Frankfurter Buchmesse (Bild links). Nicht nur kommerzielle Händler, sondern auch Büchereien und Privatleute sorgen dafür, dass alte Bücher nicht im Regal verstauben. Besonders interessant sind die Preise: In Burscheid bekommt man 1/2 Meter Bücher für 5 Euro, in Hamburg gibt es den Lesestoff zum Kilopreis von 2 Euro. |
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