JUMA 3/2004 Seite 18-22

 
Studium in Deutschland

Auf der Karriereleiter

Kannst du dir vorstellen in Deutschland zu studieren? Was kommt auf dich zu, wenn du an eine Universität in dieses Land gehst? Solche Fragen haben sich schon früher junge Leute aus der ganzen Welt gestellt - und den Schritt in die Fremde gewagt. Einige sind auf der Karriereleiter bereits ziemlich weit oben angekommen, andere befinden sich noch auf den unteren Stufen. Vielleicht kannst du ja von ihren Erfahrungen profitieren! JUMA hat darum fünf Studierende und Absolventen deutscher Universitäten nach ihrem persönlichen Bildungslebenslauf gefragt.

  Studentin im Hauptstudium
Name: Kristina K.
Nationalität: litauisch
Alter: 21
Familienstand: ledig
Wo und wann haben Sie Abitur gemacht?
Im Jahr 2001 habe ich an der "Zemyna"-Schule in Klaipeda (Litauen) Abitur gemacht.

Wo haben Sie Ihre Deutschkenntnisse für das Studium erworben? Ich habe 11 Jahre in der Schule Deutsch gelernt.

Welche Prüfung haben Sie in Deutsch abgelegt, um in Deutschland studieren zu können?
Ich habe noch in Litauen das Sprachdiplom DSD ll abgelegt.

Haben Sie außerhalb Deutschlands studiert?
Ja, an der Kaunas-Technologie-Universität habe ich gleich nach meinem Abitur Mathematik studiert.

Wann und wo haben Sie mit dem Studium in Deutschland begonnen?
Am 15.10.2001 habe ich an der Uni Hamburg mein Studium begonnen. Eigentlich wollte ich Wirtschaft studieren, aber in Litauen habe ich keinen Platz gekriegt.

Warum haben Sie Ihre Hochschule gewählt?
Meine Freundin wollte in Hamburg studieren, weil sie hier Verwandte hat. Wir haben uns einfach beworben.

Wie ist Ihr Studium im Einzelnen verlaufen?
Die ersten zwei Semester waren sehr schwer. Es ist nicht genug, 11 Jahre in der Schule Deutsch zu lernen. Für ein Studium braucht man einfach mehr. Ich habe Kurse in Volkswirtschaft, in Betriebswirtschaft, in Mathematik, in Buchführung und in Deutsch gemacht.

Wie finanzieren Sie Ihr Studium?
Ich arbeite wie alle ausländischen Studierenden.
  Promovierte Chemikerin
Name: Tina Erica O.
Nationalität: japanisch
Alter: 27
Familienstand: ledig
Wo und wann haben Sie Abitur gemacht?
Im März 1995 an der High School, Fujisawa, Kanagawa, Japan.

Wo haben Sie Ihre Deutschkenntnisse für das Studium erworben?
Bei einem Deutschkurs an der Universität.

Welche Prüfung haben Sie in Deutsch abgelegt, um in Deutschland studieren zu können?
Keine.

Haben Sie außerhalb Deutschlands studiert?
Ja, von April 1995 bis Mai 2001 Chemie an der Ochanomizu-Universität, Tokio, Japan.

Wann und wo haben Sie mit dem Studium in Deutschland begonnen?
Im Mai 2001 in Wuppertal. Mein Doktorvater in Wuppertal ist Experte auf dem Gebiet, das ich in meiner Doktorarbeit behandeln wollte.

Welchen Studienabschlüsse haben Sie wann erreicht?
M.Sc.(1) (März 2001; Japan) und PhD (2) (Januar 2004, Wuppertal, Deutschland und Tokio, Japan)

Welche Zulassungsbedingungen mussten Sie erfüllen, um sich zu welcher Prüfung anmelden zu können?
Den M.Sc. brauchte ich für die Doktorprüfung in Wuppertal und Japan.

Wie sahen die Prüfungen zu diesem Abschluss aus?
1. Doktorarbeit; 2. mündliche Prüfungen in Wuppertal und Tokio.

Wie waren ihre Noten während des Studiums und im Examen?
Bestnoten während des Studiums; Doktorprüfung: magna cum laude (3).

Haben Sie im Rahmen Ihres Studiums Preise oder Auszeichnungen erhalten?
The Josef Pliva Prize (September 2000), die Ochanomizu University Presidential Commendation for Students (Januar 2001), den Sir Harold Thompson Memorial Award 2002 und den DAAD(4)-Preis für hervorragende Leistungen ausländischer Studierender (Dezember 2003).

Haben Sie studienbegleitende Tätigkeit(en) ausgeübt?
Ich war "teaching assistant".

Wie haben Sie Ihr Studium finanziert?
Mit Hilfe der Eltern, mit einem DAAD-Stipendium für sechs Monate und durch meine Arbeit als wissenschaftliche Angestellte an der Universität Wuppertal, finanziert durch DFG(5)-Forschungsbeihilfe.

Welche beruflichen Pläne haben Sie für die nahe und für die ferne Zukunft?
Eine Forschungstätigkeit in Frankreich.

Was sollte man im Zusammenhang mit Ihrem Studium in Deutschland auch wissen?
Empfehlenswert ist ein Deutschkurs; man sollte versuchen, Kontakt zu anderen (deutschen) Studenten
zu finden.

1 M.Sc. - Master of science
2 PhD - Philosophiae doctor
3 Magna cum laude - sehr gut
4 DAAD - Deutscher akademischer Auslandsdienst
5 DFG - Deutsche Forschungsgemeinschaft
  Diplomvolkswirt Univ.
Name: Rados H.
Nationalität: tschechisch
Alter: 27 Jahre
Familienstand: verheiratet
Wo und wann haben Sie Abitur gemacht?
Im Mai 1996 am deutschsprachigen Zweig des F.X.Saldy-Gymnasiums in Liberec, Tschechien.

Wo haben Sie Ihre Deutschkenntnisse für das Studium erworben?
Nach 6 Jahren mit 2 Wochenstunden Deutsch an der Volkssprachschule bin ich mit kleinen Vorkenntnissen an den deutschsprachigen Zweig des Gymnasiums in Liberec gekommen.

Welche Prüfung haben Sie in Deutsch abgelegt, um in Deutschland studieren zu können?
Die allgemeine deutsche Reifeprüfung und das tschechische Abitur .

Haben Sie außerhalb Deutschlands studiert?
In England Volkswirtschaft, in Belgien internationale Politik und Französisch, in Tschechien Recht und noch einmal in Belgien in einem Graduierten-Programm in Internationaler und Entwicklungsökonomie.

Wann, wo und warum haben Sie mit dem Studium in Deutschland begonnen?
Im Herbst 1996 an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Ich habe, durch das Gymnasium vermittelt, ein Stipendium vom Bayrischen Kultusministerium für das ganze Studium angeboten bekommen. Ich habe mir Europäische Wirtschaft in Bamberg ausgesucht, denn ich wollte Wirtschaft oder Recht studieren, wollte aber nicht nur an Deutschland gebunden werden.

Wie ist Ihr Studium im Einzelnen verlaufen?
Im ersten Semester hatte ich 36 Semesterwochenstunden, dazu noch ein paar Stunden Europarecht und Sport. Das heißt, dass ich täglich von 8 bis 20 und manchmal bis 22 Uhr an der Uni war. Danach habe ich immer weniger Stunden gehabt. Es war für mich extrem wichtig, mich an die Lerngruppen anzuschließen. Da habe ich alle meine tausend dummen Fragen stellen können. Was für deutsche Studenten sehr banal erscheint, war für mich oft ganz unbekannt.

Wann und wie haben Sie eine Zwischenprüfung abgelegt?
Wirtschaft in Bamberg ist eines der ersten Fächer in Deutschland, bei denen das flexible Prüfungssystem eingeführt ist. Das heißt, man macht die Vordiplomprüfungen nach einem oder zwei Semester Vorlesungen in kleineren Blöcken für 2 bis 10 Veranstaltungen.

Welche Praktika oder Auslandssemester haben Sie im Rahmen Ihres Studiums absolviert?
Ich habe einen Monat in Tschechien am Bildungsministerium in der Internationalen Abteilung verbracht und dann drei Monate im Brüssel bei der Europäischen Kommission.

Welchen Studienabschluss haben Sie erreicht?
Diplomvolkswirt Univ. (Europäischer Studiengang). Dazu habe ich noch eine Zusatzdiplomprüfung in Europäischer und Internationaler Politik abgelegt.

Wie sahen die Prüfungen zu diesem Abschluss aus?
Keine gemeinen Fragen, keine großen Überraschungen. Man fängt immer beim allgemeinen und grundsätzlichen an, dann werden die Fragen immer präziser und schwieriger.

Haben Sie im Rahmen Ihres Studiums Preise oder Auszeichnungen erhalten?
Als ich in England als Austauschstudent war, habe ich am Begrüßungsabend bei einem Kennenlern-Spiel eine Tasche Süßigkeiten gewonnen.

Welche Tätigkeit üben Sie zur Zeit aus?
Ich bin Fallbearbeiter bei der Europäischen Kommission, Generaldirektion Wettbewerb, staatliche Beihilfen. Ich prüfe, ob Beihilfen im Einklang mit den EU-Verträgen sind.

Welche beruflichen Pläne haben Sie für die nahe und für die ferne Zukunft?
Ich nehme an einem Wettbewerb für europäische Beamte teil. Den würde ich gerne schaffen, um auch weiter hierbleiben zu können.

  Politikwissenschaftler M.A.
Name: Mohamede C.
Nationalität: deutsch
Alter: 29 Jahre
Familienstand: verheiratet
Wo und wann haben Sie Abitur gemacht?
1993 am Lycée Mohammed V in Casablanca, Marokko.

Wo haben Sie Ihre Deutschkenntnisse für das Studium erworben?
Ich habe mit 16 Jahren in der zehnten, elften und zwölften Klasse im Gymnasium bei einer Lehrerin aus Leipzig Deutsch gelernt. Parallel dazu lernte ich drei Jahre Deutsch im Goethe-Institut in Casablanca.

Welche Prüfung haben Sie in Deutsch abgelegt, um in Deutschland studieren zu können?
Die Aufnahmeprüfung des staatlichen Studienkollegs der Universität Münster im Januar 1994.

Wann, warum und wo haben Sie mit dem Studium in Deutschland begonnen?
Zwischen Oktober und Dezember 1993 habe ich Deutsch, Russisch und Italienisch an der Ain-Chouk-Universität in Casablanca studiert.
Ich habe im Sommersemester 1995 mit dem Studium der Politikwissenschaft an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster begonnen. Die Universität Münster ist mir durch meine Deutschlehrerin am Gymnasium empfohlen worden. Ich erhielt auch sofort eine Zulassung.

Haben Sie eine Zwischenprüfung abgelegt?
1997 habe ich eine Zwischenprüfung im Hauptfach und in einem Nebenfach abgelegt.

Welche Praktika oder Auslandssemester haben Sie im Rahmen Ihres Studiums absolviert?
1995-1999: Organisation von kulturellen, sozialen und politischen Veranstaltungen im internationalen Zentrum "Die Brücke" in Münster
1995: Mitarbeit bei Amnesty International Münster
1997: Organisation von Workshops zur "Agenda 21"
1997: Mitarbeit im Bereich Kommunalpolitik und Verwaltungspolitik in der Gemeindeverwaltung Altenberge

Welchen Studienabschluss haben Sie erreicht?
M.A.(1) im Fach Politikwissenschaft, Kommunikationswissenschaft und Angewandter Kulturwissenschaft.

Wie sahen die Prüfungen zu diesem Abschluss aus?
Nach der Abgabe der schriftlichen Magisterarbeit im Hauptfach Politikwissenschaft, die sechs Monate gedauert hat, bin ich im Hauptfach (drei Themen) und in den Nebenfächern (jeweils zwei Themen) mündlich geprüft worden.

Wie waren ihre Noten während des Studiums und im Examen?
Magisterprüfung: Gesamtnote 2,7.

Haben Sie studienbegleitende Tätigkeit(en) ausgeübt? Welche?
1998 - 1999 Beschäftigung in der Universitätsbibliothek Münster; Recherche
1999 - 2000 Deutschlehrer beim Arbeitskreis International und ehrenamtlicher Mitarbeiter im Bereich Umwelt, Münster
2000 - 2001 Beschäftigung in der Medizinischen Bibliothek, Köln, Recherche

Wie haben Sie Ihr Studium finanziert?
Durch Jobs (Koch, Bauarbeiter, Lehrer, Bibliothekar) und gelegentliche finanzielle Hilfe von der Evangelischen Studentengemeinde.

Welche beruflichen Pläne haben Sie für die nahe und für die ferne Zukunft?
Ich möchte gern in die Forschung gehen oder Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes werden.

Was sollte man im Zusammenhang mit Ihrem Studium in Deutschland auch wissen?
Der Schlüssel zu meinem Erfolg im Studium war sicher die sehr gute Kenntnis der deutschen Sprache. Die Beratung im internationalen Zentrum "Die Brücke" hat mir am Anfang sehr geholfen.

1 M.A. - Magister Artium
  Examenskandidatin in Germanistik
Name: Magdalena C.
Nationalität: polnisch
Alter: 27
Familienstand: ledig
Wo und wann haben Sie Abitur gemacht?
1994 am IV. Gymnasium in Rzeszow, Polen.

Wo haben Sie Ihre Deutschkenntnisse für das Studium erworben?
An der Grundschule und am Gymnasium.

Welche Prüfung haben Sie in Deutsch abgelegt, um in Deutschland studieren zu können?
1997 Deutschprüfung (PNdS- heute DSH (1)) an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Haben Sie außerhalb Deutschlands studiert?
1995-1997 Studium an der Pädagogischen Hochschule in Rzeszow, Zwischenprüfung in Germanistik/Linguistik

Wann, warum und wo haben Sie mit dem Studium in Deutschland begonnen?
1994. Meine Cousine war Aupair-Mädchen in einer Familie in Düsseldorf. Ich habe sie als Schülerin mal besucht. Die Stadt und die Sprache haben mir gefallen. Hier leben so viele verschiedene Menschen verschiedener Nationalitäten. Das fand ich spannend. Außerdem ist Düsseldorf eine Medienstadt, was für mich und meine Zukunft vielleicht von Vorteil ist. Ich habe mich darum entschieden, mein Abitur in Polnisch, Russisch und Deutsch abzulegen. Danach habe ich mein Germanistikstudium an der Pädagogischen Hochschule in Polen angefangen. Anderthalb Jahre später habe ich mich um einen Studienplatz in Düsseldorf beworben und wurde angenommen.

Wie ist Ihr Studium im Einzelnen verlaufen?
Einige Prüfungen aus Polen wurden anerkannt. Im Grundstudium musste ich darum nur noch ein paar Semesterwochenstunden Ältere Deutsche Philologie, Didaktik und Übungen besuchen, so dass ich es fast gar nicht schwer hatte.

Welche Praktika oder Auslandssemester haben Sie im Rahmen Ihres Studiums absolviert?
Ein Praktikum in einer Multimedia Agentur in Düsseldorf. Ich habe auch noch die Zusatzqualifikation Deutsch als Fremdsprache (DaF) gemacht und habe ein Praktikum ablegen müssen. 2003 habe ich in Sommerkursen Deutsch unterrichtet.

Welchen Studienabschluss werden Sie erreichen?
Hoffentlich M.A. (1). Ich stehe im Examen. Ich schreibe gerade meine Magisterarbeit über polnische Literatur.

Haben Sie im Rahmen Ihres Studiums Preise oder Auszeichnungen erhalten?
Ein Stipendium vom DAAD (2). Zuerst für ein Jahr als Betreuungstutorin für ausländische Studenten. Später wurde ich vom Akademischen Auslandsamt der Uni beauftragt weiter zu arbeiten, was ich bis heute tue.

Wie haben Sie Ihr Studium finanziert?
Am Anfang haben mir meine Eltern geholfen, aber später habe ich verschiedene Jobs ausgeübt.

Welche beruflichen Pläne haben Sie für die nahe und für die ferne Zukunft?
Ich bin ein sehr kommunikativer Mensch. Deswegen würde ich sehr gerne etwas im kulturellen Bereich machen, z.B. in einem polnischen Institut. Oder in der Medienbranche. Ich bin mir dessen bewusst, dass es für mich sehr schwer wird, da ich ein Ausländer bin und der deutschen Sprache nicht so mächtig bin wie eine Deutsche. Deswegen sind meine Chancen in diesen Bereichen gering. Na ja, wenn es damit nicht klappen sollte, kann ich immer noch Deutsch an verschiedenen Sprachschulen unterrichten.

Was sollte man im Zusammenhang mit Ihrem Studium in Deutschland auch wissen?
Das Germanistikstudium ist nicht einfach. Man sollte sich auch überlegen, welche Nebenfächer man wählt. Alleine Germanistik ist nur für Leute, die an der Uni bleiben möchten und vielleicht eine Doktorarbeit schreiben wollen. Für mich ist es immer noch gut, dass ich DaF gemacht habe, weil man als Ausländer eher geringe Chancen hat, einen guten Job zu bekommen (es geht hier um Germanistik). Ich zumindest habe ihn noch nicht gefunden.

1 DSH - Deutsche Sprachprüfung für den Hochschulzugang
2 M.A. - Magister Artium
3 DAAD - Deutscher Akademischer Auslandsdienst