JUMA 1/2004 Seiten 28-29

  Oper einmal anders: In Hamburg stehen keine Stars auf der Bühne, sondern Schüler. "Cinderella" heißt das Stück der Hamburgischen Staatsoper. Doch mit dem alten Märchen vom Aschenputtel hat diese Aufführung nicht mehr viel zu tun.

Vorhang auf für junge Opernstars!

Wem gehört der Schuh? Darum geht es in dem Märchen „Aschenputtel“ und auch in „Cinderella“ .
Es gibt weder Ballkleider noch romantische Kutschen. Im Gegenteil. Zur Ouvertüre kommt Cinderella mit dem Zug angefahren. Sie soll als Au-pair-Mädchen bei der Witwe Knurrig arbeiten. Drei bösen Schwestern kommandieren sie ständig herum. Sie schwärmen für einen Prinzen -- und für Boris Becker und Oliver Kahn. Auch das Happy End ist anders als im Märchen. Cinderella heiratet den Pizza-Boy und nicht den Prinzen.
Peter Maxwell Davies ist der englische Komponist der Oper. Er hat das Märchen 1980 für die Schulkinder seiner Heimat auf den britischen Orkney-Inseln vertont. Seitdem spielen viele Bühnen das Stück für Kinder und Jugendliche. Genauso witzig und frech wie die Handlung sind die Kostüme. Der russische Künstler Andrey Bartenev hat sie entworfen. Die 24 Darsteller im Alter von 8 bis 16 Jahren, stecken alle in bunten Kleidern. Die Kostüme sehen aus wie in Computerspielen und Cyber-Märchen (1).
Drei Tage lang dauerte das Casting (2) für die Hamburger Produktion. 120 Schüler nahmen daran teil. Alle Rollen sind doppelt besetzt. Auch die Musiker kommen aus Hamburger Schulen. Einige Darsteller hatten bereits Bühnenerfahrung. Andere bewarben sich zum ersten Mal um eine Rolle. Die Proben dauerten fünf Monate.
Eine Cinderella-Darstellerin ist Sara Maria Saalmann, 12. Alle nennen sie SMS. Sie wollte schon mit 6 Jahren Opernsängerin werden. Entdeckt hat man SMS in einer Zahnarztpraxis. Dort arbeitet ihre Mutter. „Ich habe immer den Patienten vorgesungen“, erzählt sie. Jetzt hofft sie auf eine große Karriere.
Petra Kroll

1 Cyber-Märchen - Märchen in einer virtuellen (Computer-)Welt
2 Casting - Auswahlverfahren, hier für Schauspieler