JUMA 1/2004 Seiten 32-33
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"Denken, Reden, Machen!" Seine Kunst ist vielen Erwachsenen ein Rätsel. Kann man dann Kindern und Jugendlichen die Aussa gen und Ideen des Joseph Beuys (19211986) vermitteln? Museumspädagogen meinen: Ja!
Ein altes Schloss ist Startort des Projektes "Denken, Reden, Machen!". Hier, in Moyland bei Kleve, ist die größte Sammlung mit Werken des Künstlers. Vier Themen stehen im Mittelpunkt des Projektes: Ernährung, Kommunikation, Kunst-Spiel-Zeug und Kunst-Werk-Zeug. Themen, mit denen sich Joseph Beuys immer wieder beschäftigt hat. Mehrere Objekte und Bilder dazu findet man im "Haus der Geheimnisse", einem kleinen Raum in der Ausstellung. Simon hat seine Taschenlampe auf eine Filzrolle gerichtet, die ein Stück Eisen enthält. "Samurai Schwert" steht daneben auf einem Schild. Lisa entdeckt die "Capri-Batterie", eine gelbe Glühbirne, die mit ihrer Fassung in einer Zitrone steckt. Längere Erklärungen dazu stehen nicht daneben. "Beuys wollte jungen Kunstbetrachtern ein Aha-Erlebnis im Umgang mit Kunst vermitteln", erklärt Annette Theysen, Museumspädagogin in Schloss Moyland. Darum können die Kinder und Jugendlichen auch selbst ausprobieren, ob so eine "Batterie" wirklich funktioniert. Auf einem Tisch liegen eine Zitrone, Kartoffeln und Äpfel. Steckt man zwei Metallteile hinein, zeigt das Messgerät, dass in den Früchten wirklich Strom fließt. "Eine Zitrone ist hier eine Batterie, die ihre Energie erst in Verbindung mit der Glühbirne in Fluss bringt", erklärt die Museumspädagogin. "Für Joseph Beuys bestand die Lebendigkeit des Menschen in einem ständigen Kräfteausgleich zwischen ungleichen Polen, in Speicherung, Energieumwandlung, Spannung und Wärme." Diese Quellen solle man nutzen und in der Gemeinschaft mit anderen Menschen einsetzen, meinte der Künstler. Und das zerbrochene Schwert, geschützt durch den Filz? Wie bei der "Capri-Batterie" sind verschiedene Interpretationen möglich - man muss sich nur darauf einlassen. Darum das Wort "Denken" im Titel des Museumsprojektes. Nicht jeder ist dazu bereit. Doch Beuys hat einmal gesagt: "Es ist doch gar nicht so schlimm, wenn die Leute aggressiv werden. Dann kommen wir wenigstens mit ihnen ins Gespräch." Damit ist auch das zweite Wort, "Reden", erklärt. Joseph Beuys, der Professor an der Kunstakademie in Düsseldorf war, fand das Denken und das Reden mit seinen Schülern immer sehr wichtig. Für ihn war es die Voraussetzung für das "Machen", das Schaffen von Kunst - das dritte Wort im Ausstellungstitel. Machen können auch die jungen Besucher des Museums etwas. Die verschiedenen Ausstellungsstücke haben eine Botschaft, und die Projektteilnehmer dürfen nach dem Anschauen selbst eine Botschaft herstellen. Glas, Papier, Holz, Farben und verschiedene weitere Materialien liegen im Arbeitsraum des Museums bereit. Lisa zeichnet einen Kopf. Mund und Ohren sind besonders betont. "Reden und hören sind unsere Instrumente, mit denen wir kommunizieren", erklärt sie. Simon nimmt eine Glasplatte als Weltall, in dem sich zwei Astronauten treffen. "Vielleicht werden die Menschen später einmal im Weltraum leben und über Funk Botschaften austauschen", hat er sich überlegt. Und was hätte Beuys dazu gesagt? Noch einmal die Museumspädagogin: "Beuys wollte zum Ausdruck bringen, dass jeder Mensch kreative Fähigkeiten hat. Wenn er dieses Potential entfaltet, lebt er als gestaltender Mensch. Kunst, wie Beuys sie versteht, ist nämlich nicht nur die Tätigkeit des Kunstschaffenden, sondern jedes schöpferische Tätigwerden." Die Ausstellung "Denken, Reden, Machen!" wird 2004 in Bonn, Duisburg sowie in der niederländischen Stadt Venlo gezeigt. Christian Vogeler |