JUMA 4/2003 Seite 24-25

  Comic-Kurs

Frei nach Mangas und Micky Maus

„In der kleinen Fläche Papier steckt eine ganze Welt, die man entfalten kann“, glaubt der Kölner Künstler Werner Weber
Oh je, da fallen ja die Pinguine vom Himmel! Die süßen Tierchen schreien entsetzt "Aaa!“ Hören kann man das nicht, doch es steht groß in einer Sprechblase. Der 14-jährige Rona hat sie in seinen Comic gezeichnet. Es ist bereits seine vierte Geschichte. "Es macht mir Spaß, mir etwas auszudenken“, verrät der Schüler. Sein Vorbild sind die beliebten japanischen Manga-Comics. Rona besucht mit fünf anderen Jugendlichen einen Comic-Kurs der Kölner Jugendkunstschule. Ihr Lehrer heißt Werner Weber. Er ist freier Künstler und will den Jugendlichen helfen, Geschichten zu erzählen. "Das ist das Schwierigste an den Comics“, sagt der Künstler. Viele wissen zwar, was sie ungefähr zeichnen wollen. "Sie malen oft ein tolles Bild.“ Doch nach einigen weiteren Bildern wissen sie nicht mehr weiter. Werner Weber hilft deshalb beim Erfinden einer Geschichte. Die Jugendlichen sollen langsam an die Sache rangehen - das ist aber nicht so einfach! Der Lehrer geht zu Rona und den Pinguinen. Rona will zeigen, dass die Tiere fallen. Deshalb hat er senkrechte Linien gezeichnet. Doch Werner Weber meint, dass es zu viele Linien sind: "Das sieht ein bisschen streng aus, wie eine Tapete.“ Also greift Rona nach dem Radiergummi.
"Alarm auf Omega“ heißt der neue Comic von Jens. Die Geschichte spielt in einer Raumstation irgendwo im Weltall. Der 15-Jährige wühlt in einem großen Stapel Comiczeichnungen und erzählt, dass er Fantasy-Geschichten mag. Also alles, was mit Zauberei zu tun hat. In seinen ersten Comics erzählt er von einem merkwürdigen Zwergenreich und von einem Land mit dem rätselhaften Namen "Andor“. "Aaah, ein Drache!“ schreit ein Mann auf einem Comicbild. Jens hat für diese Geschichte viele gefährliche Drachen gemalt. Das Thema Drache ist für ihn jetzt aber erledigt. "Das ist ganz schön anstrengend“, verrät er, "man muss nur Schuppen zeichnen!“ Vorbilder hat Jens keine. Er selbst liest gar keine Comics - höchstens die Micky-Maus-Hefte im Wartezimmer seines Zahnarztes.
Doch nicht nur Jungs interessieren sich für Comics. In diesem Kurs gibt es auch ein Mädchen: die 16-jährige Stefanie. "Das ist mein neuester Comic“, sagt sie und zeigt die Geschichte "Ein Abend in L.A.“. L.A. steht für die Stadt Los Angeles in den USA. Stefanies Zeichnungen sehen futuristisch aus. Sie arbeitet viel mit Schatten und Kontrasten. "Zeichnen ist meine Leidenschaft“, sagt sie. Stefanie erzählt die Geschichte von drei Mädchen, die in einer WG wohnen. Plötzlich verliebt sich die eine - eigentlich etwas Schönes. Doch es gibt kein Happy End - wie so oft in Hollywoodfilmen! Stefanie lässt nämlich eines der Mädchen sterben. "Ein Unfall“, verrät sie. Das hat sich in der Geschichte so ergeben. Geplant hat Stefanie den Tod des Mädchens nicht.
Auch bei den anderen Jungs im Kurs geht es dramatisch zu. Hier rettet einer die Erde, dort will einer die Weltherrschaft gewinnen. Der 15-jährige Simon schickt zwei Freunde auf eine witzige Expedition zu den Mayas. "Ich möchte später gerne Comiczeichner werden“, verrät er. Simon weiß, wie schwer es ist, damit auch Geld zu verdienen. Doch man kann ja auch kleine Erfolge haben. So erzählt Kursleiter Werner Weber, dass eine ehemalige Schülerin heute einen eigenen Comicstrip in einer Kölner Tageszeitung hat. "Das ist doch schön.“ Außerdem hat die Jugendkunstschule ein Buch mit Zeichnungen aus den Comic-Kursen herausgegeben. Auch darauf können die Jugendlichen stolz sein!

Annette Zellner