JUMA 3/2003 Seiten 38-40
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Studium in Deutschland Das Lernen geht weiter Eine bestandene Sprachprüfung und die Zulassung für eine deutsche Universität - damit beginnt das Studium für Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland. Danach beginnt das "richtige Leben: Im ersten Semester merken ausländische Studierende schnell, wie gut - oder schlecht - ihre Deutschkenntnisse wirklich sind. Studienbegleitende Kurse sollen helfen, die Probleme zu überwinden.
Milan, 25 Jahre alt, hat am Gymnasium Deutsch gelernt, manchmal auch mit JUMA. Nach dem Abitur hat er in Prag Geographie und Sport, Englisch und Geschichte studiert. Seit dem Wintersemester ist Milan an der Universität Dortmund, kurz "UniDo. Mit einem einmonatigen intensiven Sprachkurs hat er sich auf das Studium vorbereitet. Milan möchte in Deutschland bis zur Abschlussprüfung studieren. Er weiß, dass er dafür noch besser Deutsch lernen muss. Darum besucht er am Sprachenzentrum der Universität den Kurs "Deutsch für Studium und Alltag bei Dr. Winters-Ohle und einen Kurs "Deutsche Grammatik. Milan erzählt, was er grade in dem Kurs "Deutsch für Studium und Alltag macht: "Stefanie aus Virginia hat uns ihre Universität in den USA vorgestellt. Alle Leute sagen ihre Meinung dazu. Wir sind eine internationale Gruppe. Jede Person spricht über ihre eigenen Erfahrungen. Man lernt dabei viel über die unterschiedlichen Nationalitäten. "Es geht darum, dass man lernt, frei über ein Thema zu sprechen, erklärt Dr. Elmar Winters-Ohle, Leiter des Sprachenzentrums und Ausländerbeauftragter des Fachbereichs Kulturwissenschaften an der UniDo. Das freie Sprechen ist in einigen Seminaren besonders wichtig. Milan hat in Pädagogik über das Problem aggressiver Schüler im Unterricht gesprochen. "Da wurde ständig diskutiert, hat er gemerkt. Dazu benötigt man auch Fachbegriffe. "Man braucht aber nicht nur fachsprachliches Deutsch, sondern auch allgemeinsprachliches Deutsch, sagt Dr. Bettina Seipp vom Sprachenzentrum. Einkaufen gehen oder Dinge in der Uni-Verwaltung erledigen - auch bei diesen alltäglichen Dingen muss man sprechen, und dabei will das Sprachenzentrum den ausländischen Studierenden helfen. Dr. Winters-Ohle sorgt in seinem Kurs mit viel Textarbeit für Vokabelerweiterung und Nuancenreichtum im Ausdruck seiner Studierenden. Dazu bietet der Dozent ständig neue Themen an: Fliegen in Europa für 15 Euro zum Beispiel. Da ist das Interesse schnell geweckt. Die Studierenden können fragen, diskutieren und antworten, ohne ausgelacht zu werden. "Das ist ein solidarischer Zirkel.
Auch Idris, 23 Jahre, kommt regelmäßig zu Kursen ins Sprachenzentrum. Der junge Türke studiert in Dortmund Betriebswirtschaftslehre, kurz BWL. Seine Eltern leben seit 30 Jahren in Deutschland. Doch ihr Sohn ist in der Türkei aufgewachsen. An der Schule hat er Englisch gelernt. Idris hat private Deutsch-Kurse genommen und die Sprache aus dem Fernsehen gelernt. "Wir hatten eine Satellitenschüssel. Da konnte ich deutsche Fernsehsender empfangen, erzählt Idris. Ich verstehe mehr als ich spreche, hat er inzwischen gemerkt. Der Student wohnt im Moment bei seinen Eltern. Doch er sucht einen Platz in einem Studentenwohnheim. "Ich will meine Sprachkenntnisse verbessern, erklärt er. Das kann er besser, wenn er mit deutschen Studierenden zusammenlebt. Zu jungen Türken, die in Deutschland aufgewachsen sind, hat er kaum Kontakt: "Ich verstehe ihre Mentalität nicht, erkärt er. Idris ist seit 2002 in Dortmund. Eigentlich wollte er Internationales Management studieren, weil dort Englisch gesprochen wird. Doch er bekam keine Zulassung für die Fachhochschule. Darum bewarb er sich an den Universitäten in Dortmund und Hamburg um einen Platz in BWL; er bekam für beide Orte eine Zulassung. Weil seine Eltern in der Nähe von Dortmund leben, entschied er sich für diese Stadt. Acht Semester hat der junge Türke bereits in seiner Heimat studiert; vier wurden in Deutschland anerkannt. Im ersten Semester an der UniDo hat Idris nur Vorlesungen belegt. Da muss man kaum selbst sprechen. "Zuerst musste ich zuhause jede Stunde Vorlesung zwei oder drei Stunden nacharbeiten, berichtet er. "Ich dachte manchmal in Englisch. Heute braucht er nur noch die Hälfte der Zeit. Außerdem hat er sich ein Buch, das wirtschaftliche Fachbegriffe erklärt, gekauft. "Ich schreibe die Fachbegriffe in der Vorlesung auf und schaue sie zuhause nach. In der ersten Märzwoche sind Klausuren. Das sind Multiple-Choice-Fragen und Lückentexte, dazu kommen Erklärungen von Fachwörtern. "Viele Wörter sind dabei, die ich zum ersten Mal gehört habe, meint Idris. Bei den Deutschkursen am Sprachenzentrum hat er besonders an deutscher Grammatik gearbeitet. "Ich merke das nicht, aber meine Freunde sagen, dass mein Deutsch besser geworden ist, sagt Idris. Er möchte, dass es noch besser wird. Darum liest er Bücher in Deutsch, guckt deutsches Fernsehen und geht regelmäßig ins Kino. Das hilft ihm. Trotzdem meint Idris: "Ich denke, ich bin immer noch am Anfang. Ich bin ein Perfektionist. Ich muss deutsch denken und verstehen wie ein Deutscher. Internationalisierung angestrebt Bisher studieren in Dortmund ca. 2 500 ausländische Studierende. Das sind 10 Prozent aller Studierenden. Doch wie an anderen deutschen Unis soll auch in Dortmund die Internationalisierung voranschreiten. Darauf will man sich im Sprachenzentrum einstellen. Als Basis dient eine Studie. "Wir haben darin untersucht, welche Probleme die Professoren bei ihren ausländischen Studierenden sehen, berichtet Dr. Winters-Ohle. Danach haben die Studierenden weniger Schwierigkeiten mit dem Verstehen, mehr jedoch mit dem Schreiben von wissenschaftlichen Arbeiten und dem Sprechen. "Oft unterschätzt man, wie groß die Leistung der ausländischen Studierenden ist, meint Dr. Winters-Ohle. Referate in einer fremden Sprache halten, mündliche Prüfungen bestehen - das muss man erst mal schaffen. Darum ist es für den Leiter des Sprachenzentrums wichtig, dass auch die Lehrenden Auslandserfahrung haben. Nur so wachse das Verständnis für die eigenen Studenten. "Man darf nicht vergessen, dass ein Dozent die erste und wichtigste Kontaktperson für einen ausländischen Studierenden ist. Neben den Kursen des Sprachenzentrums gibt es einer ganze Reihe weiterer Angebote der UniDo für ausländische Studierende: Zum Beginn des Wintersemesters organisiert die Uni das Programm Come2Campus. Sprich: Come to Campus - Komm auf den Campus. Hier lernen die ausländischen Studierenden erfahrene deutsche Studierende kennen, die sie ein Semester lang unterstützen. Hilfe bietet auch eine Schreibberatung für das Schreiben wissenschaftlicher Arbeiten. Die studien-begleitenden Angebote für ausländische Studierende unterscheiden sich von Universität zu Universität. Die Angebote reichen von allgemeinen Sprachkursen für Fortgeschrittene über Kurse, die sich mit wissenschaftlichem Arbeiten befassen bis zu fachsprachlichen Kursen. An der UniDo ist das Kursangebot zur Zeit kostenlos, andere Universitäten verlangen eine Kursgebühr. Studienbegleitende Pflichtkurse für Deutsch gibt es nicht. Auskunft bekommt man über das Ausländeramt der jeweiligen Universität, über die Sprachenzentren oder über den jeweiligen AStA. |