JUMA 3/2002

 
Mein Sonntag

Der Tag, an dem die Arbeit ruht - das ist nach altem christlichen Brauch der Sonntag. JUMA wollte wissen: Wie verbringen Jugendliche heute diesen Tag?

Viel Sport und gutes Essen

Dennis geht samstags meistens aus. Darum schläft er am Sonntag lange. "Es kann schon mal drei Uhr nachmittags werden“, sagt er. Seine Eltern und seine Schwester haben dann schon lange gefrühstückt. Er findet es "nicht weiter dramatisch“, dass er allein seinen Kaffee trinkt: "Wir sehen uns sehr oft in der Woche.“ Dennis verabredet sich für den Nachmittag gern mit Freunden. Vorher erledigt er Hausaufgaben oder übt für die nächste Klausur. Bei gutem Wetter trifft er sich mit seinen Freunden im Park. Meistens nimmt er seinen amerikanischen Ball, das "Ei“, dorthin mit. Dennis hat ein Jahr als Austauschschüler in Amerika gelebt. Seitdem spielt er American Football. Nach dem Spiel geht es bei Dennis sportlich weiter. Wenn er noch Zeit hat, fährt er ins Fitnesscenter. "Weil ich oft Rückenschmerzen habe, nehme ich an einem speziellen Training teil.“ Die Familie lässt am Sonntag das Mittagessen ausfallen. Dafür wird abends gekocht und warm gegessen. Das Essen am Sonntag schätzt Dennis besonders. "Meistens gibt es etwas besonders Leckeres, was meine Mutter gekocht hat. Am Sonntag kocht sie etwas aufwändiger als in der Woche. Dafür hat sie sonst keine Zeit, weil sie berufstätig ist.“ Abends bekommt Dennis oft noch Besuch von einem Freund. Zusammen schauen sie sich ein Video an. Comedy oder Action gefällt dem Abiturienten am besten. "Um elf Uhr liege ich wieder im Bett, weil ich am Montag früh raus muss. Zur ersten Stunde!“

"Ausschlafen kann ich am nächsten Wochenende“

Eigentlich ist Thomas kein ausgesprochener Frühaufsteher. "Der Sonntag ist der einzige Tag in der Woche, an dem man entspannen kann“, sagt er. "Am Samstag hat man zwar auch frei, aber meistens noch etwas zu erledigen.“ Dass er trotzdem am Sonntag oft früh aufsteht, hat verschiedene Gründe. Um 8.30 Uhr klingelt der Wecker, wenn er mit seinen Eltern zur Kirche gehen will. Das ist ziemlich ungewöhnlich für Jugendliche, weiß Thomas. In seiner Klasse gibt es niemanden sonst, der es macht. "Meine Eltern kommen aus Polen. Da ist es ganz normal, dass man mit der Familie am Sonntag in die Kirche geht“, sagt er. Thomas schätzt an der Kirche vor allem die Gemeinschaft der Gläubigen.
Im Sommer steht Thomas oft noch früher auf, nämlich um 7 Uhr. Als Tennisspieler nimmt er an Turnieren teil. "Ausschlafen kann ich dann am nächsten Wochenende“, sagt er. Hat er keinen Sport, macht er nach der Kirche Hausarbeiten oder lernt für Klausuren. Um 14 Uhr kommt das Mittagessen auf den Tisch. "Wir essen am Sonntag immer sehr deftig. Mit Kraut und Knödeln, das kocht meine Mutter nach Rezepten aus ihrer Heimat“, erzählt er. Am Nachmittag genießt Thomas dann seine Ruhe: Er sitzt vor dem Fernseher oder macht Computerspiele. Mit Freunden verabredet er sich an diesem Tag nur ungern. Auch den Abend verbringt er am liebsten mit seiner Familie zu Hause.

Der Sonntag ist ein Familientag

Jenny wacht am Sonntag ziemlich spät auf. "So gegen 11 Uhr“, schätzt sie. Sonntag ist eben ein Tag, an dem man richtig ausschlafen kann. Meistens steht dann schon das Frühstück auf dem Tisch. Am Sonntag frühstückt die Familie zusammen, mit Croissants und heißer Schokolade. Das ist anders als an einem normalen Wochentag. "In der Woche esse ich morgens hauptsächlich gesunde Sachen, Obst und Müsli beispielsweise. Am Sonntag mag ich es lieber süß“, so Jenny. Nach dem Frühstück bleibt die Familie noch lange am Tisch sitzen, um Zeitung zu lesen. Dazu ist in der Woche kaum Zeit. "Wir haben extra viele Sonntagszeitungen abonniert“, erzählt die Schülerin.
Für Jenny ist der Sonntag ein Familientag. Außerdem entspannt sie sich in der freien Zeit. Wie das aussieht? "Ich mache vor allem viel Sport“, erklärt sie. Manchmal hat sie ein Volleyballspiel mit ihrer Mannschaft, oder sie joggt mit ihren Eltern um einen See. Gegen 17 Uhr trifft sich die Familie zum gemütlichen Kaffeetrinken. Dazu gibt es leckeren Kuchen vom Bäcker. Der Bäcker darf am Sonntag öffnen. Fast alle anderen Geschäfte sind geschlossen. Jenny bedauert das: "Sonst könnte man den Sonntag zum Shoppen nutzen. In der Woche habe ich wegen der Schule keine Zeit.“ Sonntagabends guckt Jenny Fernsehen oder liest. Manchmal erledigt sie Hausaufgaben, die sie noch nicht geschafft hat.

Frei, wenn andere arbeiten müssen

Sonntag früh, sieben Uhr. In der Lobby des Hotels steht Judith und empfängt die ersten Hotelgäste zum Frühstück. Seit fünf Uhr morgens ist sie auf den Beinen. Wie an jedem Sonntag, wenn sie Frühdienst hat. Judith macht eine Ausbildung zur Restaurantfachfrau. "Mein absoluter Traumjob“, sagt sie. "Deshalb habe ich keine Probleme, sonntags arbeiten zu müssen. Als ich die Ausbildung begann, wusste ich, was auf mich zukommt.“ Mindestes zwei- bis dreimal im Monat hat sie am Sonntag Dienst.
Doch nicht immer muss Judith dafür früh aufstehen. Wenn sie für die Gäste in der Hotelbar zuständig ist, fängt sie erst um 17 Uhr an. Dann muss sie so lange bleiben, bis die letzten Gäste gegangen sind. "Meistens komme ich dann erst so gegen vier Uhr ins Bett“, erzählt sie. Der Dienstplan zeigt, ob sie am Wochenende ausgehen oder sich mit Freunden treffen kann. "Ich habe frei, wenn die anderen arbeiten müssen. Darum habe ich viele alte Freunde verloren. Heute habe ich vor allem Bekannte und Freunde, die auch in der Gastronomie beschäftigt sind“, erzählt sie.
In der Gastronomie gibt es fünf Arbeitstage in der Woche. Arbeitet Judith am Wochenende, hat sie anschließend an zwei ganz normalen Werktagen frei. Das gefällt ihr gut. "So kann ich viel mehr erledigen als an einem Wochenende“, findet sie. Behördengänge, Arztbesuche und Einkäufe nennt sie als Beispiel. Und wenn sie dann doch mal an einem Sonntag frei hat? Dann nutzt sie die Zeit zum Relaxen, geht mit ihren Eltern essen oder lernt für ihre Abschlussprüfung. Denn in drei Monaten wird sie voraussichtlich ihre Ausbildung beenden. Petra Kroll