JUMA 3/2001

  Auf Schnäppchenjagd

Längst nicht jeder Jugendliche kann sich die teuren Sachen leisten, die in den Schaufenstern der Boutiquen locken. Darum sind Schnäppchen - Sonderangebote - besonders gefragt. Die gibt es besonders häufig, wenn die Saison wechselt.

Manches, was verkauft wird, ist Quatsch: Nuri bei der Anprobe
Donnerstag Mittag in der Kölner Innenstadt: Fußgänger schieben sich mit Plastiktüten durch die Einkaufsmeile. Vorbei an Schaufenstern, in denen Schilder mit Preisnachlässen hängen. Vor drei Tagen hat der Winterschlussverkauf begonnen! Eine Hose für wenig Geld oder einen Pullover zum halben Preis? Überall kann man jetzt in den Geschäften reduzierte Waren kaufen. Die Händler räumen ihre Lager, um Platz für die kommende Frühjahrsmode zu schaffen. Bianca,13, und Denise, 13, sind seit drei Stunden in der Stadt unterwegs um einzukaufen. Dafür haben sie ihr Taschengeld und das Geld, das sie zu Weihnachten und zum Zeugnis bekommen haben, gespart. Müde, aber zufrieden, präsentieren sie ihre "Ausbeute". Beide haben einen gelben Pullover und noch einen grünen Pulli gekauft, Denise auch noch eine rote Hose mit Japan-Motiven. Farbige Klamotten mit ein bisschen Glitzer gefallen den beiden zur Zeit am besten.
Reicht das Geld noch? Bianca und Denise beim Einkaufsbummel
Doch nicht nur die Optik der Kleidung muss stimmen, sondern auch die Qualität - und vor allem der Preis. "Ich schaue immer zuerst auf den Preis, bevor ich mir das Teil näher angucke", erklärt Bianca. Durch den Ausverkauf haben die beiden einiges gespart. Jetzt wollen sie noch ein bisschen bummeln. "Mal sehen, ob wir im Vorbeigehen noch etwas Schönes entdecken. Leider ist vieles, was man schön findet, oft nicht reduziert. Oder die passende Größe ist nicht mehr vorhanden", bedauern sie.

Dass auch Glück zur Schnäppchenjagd gehört, kann Nuri,17, bestätigen! Bisher hat sie vergeblich gesucht. "Ich glaube, ich habe den richtigen Zeitpunkt einfach verpasst", meint sie und bemerkt kritisch: "Vieles, was im Ausverkauf angeboten wird, ist aber auch Quatsch! Man muss aufpassen, dass man nicht zu

Anne trägt gerne ausgefallene Sachen. Sie findet öfter ein gutes Angebot.
viel kauft, was nachher ungetragen im Kleiderschrank landet." Eine Erfahrung, die sicherlich viele Käufer machen! Damit ein "Schnäppchen" nicht zum Fehlkauf wird, achten immer mehr Leute auf reduzierte Markenware. Zum Leidwesen der Händler, die so auf ihren Ladenhütern sitzen bleiben. "Bei Markenware weiß man einfach, dass es sich um Qualität handelt", meinen Eva,15, und Elena, 14. Markenfetischisten sind die Freundinnen dennoch nicht. Im Gegenteil! Beide sind ganz im Stil der siebziger Jahre gekleidet! Mit weiten Schlaghosen und Häkelmütze. Ihre Sachen kaufen sie preiswert in Second-Hand-Läden. Was sie im Ausverkauf machen? "Wir waren in der Stadt und wollten einfach nur mal gucken", sagen sie.

Das hat auch Anne, 19, heute vor. Die Studentin fällt in der Menge der Passanten auf. Mit ihrer frechen Frisur und dem bunten Pulli hebt sie sich vom tristen Einheitsgrau der Masse ab. Den Pulli habe sie gestern gekauft, erzählt sie. Zur Hälfte seines ursprünglichen Preises. Ein wahres Schnäppchen also! "Kleidung soll vor allem Spaß machen", ist ihre Meinung. Doch oft hört für die Studentin, die von Bafög und Gelegenheitsjobs lebt, der Spaß beim Preis auf. Modisches ist meistens sehr teuer. "Teure Klamotten aber kann ich mir nicht leisten", erklärt sie. Der Schlussverkauf sei für sie deshalb eine gute Möglichkeit, preiswert einzukaufen! "Auch wenn mir die

Jan (links) hat nichts gefunden. Er wartet bis zum nächsten Mal.
Menschenmassen dabei ganz schön auf den Nerv gehen", fügt sie leicht gestresst hinzu.

Für Katharina,16, und Selin,17, ist der Ausverkauf auch noch aus anderen Gründen anstrengend. "Die Auswahl an reduzierten Sachen ist einfach zu groß. Da ist man schnell überfordert", stöhnen sie. Besonders schwierig wird es, wenn man etwas braucht oder etwas Bestimmtes sucht! Heute aber wollten die beiden eigentlich gar nichts kaufen. Sie kommen aus einer Kleinstadt in der Nähe von Kassel und machen einen Schulausflug nach Köln. Die Pause zwischen den Museumsbesuchen nutzten sie zu einem kurzen Stadtbummel. "In unserem Lieblingsladen war alles um die Hälfte reduziert. Der ist sonst ziemlich teuer", berichten sie. Jetzt hält jede von ihnen eine Plastiktüte in der Hand. "Wenn ich ein Schnäppchen sehe, schlage ich zu", kommentiert Selin den heutigen spontanen Kauf.

Katharina und Selin finden beim Bummel ein Schnäppchen in ihrem Lieblingsladen.
Für Jan, 18, hat der Ausverkauf eine besondere Bedeutung. Der Gymnasiast jobbt als Verkäufer in der Filiale einer großen Warenhauskette. Das Gedrängel in den Läden, das Wühlen der Kunden in den Regalen und an den Sondertischen wirkt sich selbstverständlich auch auf seine Arbeit aus. "Natürlich ist im Moment mehr los. Dementsprechend hat man mehr zu tun. Die Klamotten liegen durcheinander und man ist damit beschäftigt immer aufzuräumen", erzählt er. Trotzdem hat er Verständnis für die Kaufwütigen und ihren Wunsch nach preiswerten Klamotten. Die Frage, ob sich der Ausverkauf tatsächlich für den Kunden lohnt, bejaht er. "In der Mode tut sich ja nicht soviel. Das meis-te, was jetzt modern ist, wird es auch bestimmt noch in der nächsten Saison geben. Außerdem trägt man ein Stück, in dem man sich wohlfühlt, viel länger als eine Saison." Er selbst war auch schon im Ausverkauf unterwegs. Aber "etwas wirklich Schönes" hat er nicht gefunden. Da bleibt ihm und allen anderen, denen es genauso ergangen ist, doch nur eins übrig zu tun: Abwarten bis zum nächsten Schnäppchenverkauf!

Text: Petra Kroll; Fotos: Hacky Hagemeyer