JUMA 3/2001
|
||||||||||
Hauptschüler gingen unter die Autoren - Lernhilfe für junge Ausländer
Schulbücher selbst gemacht Alles begann vor drei Jahren. Eine Hauptschulklasse aus Siegen/Westfalen entwickelte ein Lesebuch, um sich mit ihren ausländischen Mitschülern besser verständigen zu können. Sie nannte es "Das lustige Lernbuch". Inzwischen hat die Hauptschule gut ein Dutzend Publikationen herausgebracht. Sie bekam etliche Preise und gründete sogar ihre eigene Vermarktungsfirma: "Helle Köpfe".
Die 19 Mädchen und Jungen aus zehn Nationen verstanden sich gut miteinander. Doch die fehlenden Kenntnisse der deutsche Sprache standen nicht nur Gesprächen im Weg. "Wie sollen die Kinder Freunde finden oder Wünsche äußern, wenn sie sich nicht verständigen können?", erkannte Lehrer Rudolf Elhardt das Problem. Zwei ausländische Kinder mussten mehrmals in der Woche wegen ihrer mangelnden Deutschkenntnisse den normalen Unterricht verlassen. Sie bekamen eine spezielle Sprachförderung. Das gab schließlich für Lehrer Elhardt damals den Anstoß, etwas zu unternehmen. Zusammen mit seiner Klasse entwickelte er "Das lustige Lernbuch". Die Schüler zeichneten als Lernhilfe für die beiden Mitschüler auf großen Blättern bestimmte Begriffe und schrieben das Wort in Deutsch dazu. "Bett", "Eule", "Kasper", "Mond" und viele mehr, quer durchs Alphabet, von A bis Z. Gökhan und Gissel, für die das eigentlich geschah, gefiel das so gut, dass sie sich bald mit eigenen Zeichnungen an der Aktion beteiligten. Zum Schluss waren ungefähr 200 Seiten zusammengekommen, aus denen ein richtiges Buch entstand. Ein Augsburger Verlag war so überzeugt von der Idee, dass er das Buch in seine Reihe "Materialien für den Unterricht" aufnahm. Möglich wurde dies allerdings erst, als die Stiftung "Demokratie im Alltag" von der Aktion erfuhr. Dieser Verein unterstützte den Druck des Buches mit Geld. Die Klasse war stolz, als die ersten Exemplare auf dem Tisch lagen.
Schönster Lohn war dann nicht allein eine Urkunde der Stadt Siegen im Wettbewerb "Pflege gutnachbarschaftlicher Beziehungen zwischen Deutschen und Ausländern". Wichtig ist vor allem, dass die Verständigung der Mitschüler dank des Buches jetzt viel besser klappt. Das Buch wird übrigens inzwischen in vielen Schulen in Deutschland verwendet. Und dann ging es Schlag auf Schlag: "Unser Buch für euch alle", "Schreib dir das hinter die Ohren", "Hallo, hier Hauptschülerin" und "Ciao" sind einige der Titel, die folgten. Hinzu kamen noch ein Museumsführer und eine Info-Broschüre über Freizeitmöglichkeiten in der Heimatstadt. Es folgten Preise: Das Förderprogramm "Demokratisch handeln" der Theodor-Heuss-Stiftung und der Jenaer Akademie für Bildungsreform, der 1. Preis im Bundeskunstwettbewerb, Auszeichnungen in den Wettbewerben "Zivilcourage", "DeutschlandBilder", "Goldener Floh" - und das ist nur eine Auswahl. Vorerst letzter "Streich" ist die Schülerfirma "Helle Köpfe". Damit wollen sich die Mädchen und Jungen der - inzwischen zur 8a gewordenen - Klasse selbst um die Vermarktung ihrer Bücher kümmern. Mit dem erwirtschafteten Geld soll z.B. eine Klassenfahrt finanziert werden. |