JUMA 2/2001

 
Alles und sofort

Mächtige Gitarrengewitter zerschneiden die Luft. Das Berliner Trio „Surrogat“ spielt harten Rock und Punk. Sie schreien ihre Texte heraus: „Haus rocken, Wand durchbrechen, Leute gucken, Welt verändern - wir haben viel vor.“ Sänger und Komponist Patrick Wagner will gehört werden. Die Musik von Surrogat wirkt wie ein zu lauter Wecker in den Morgenstunden, und die Texte stehen für Kompromisslosigkeit. Ihre Platte haben sie selber finanziert, Die eigene Miete konnten sie darum nicht bezahlen. „Ich war kurz vor der Kündigung, Mai-Linh ist tatsächlich rausgeflogen“, erinnert sich Bassist Tilo Schierz. Inzwischen sind sie erfolgreich, haben einen Plattenvertrag. Und doch - Patrick Wagner stellt klar: „Wir wollen unsere Freiheiten bewahren. Nur wenn die Band bleibt wie sie ist und sich dann Erfolg einstellt, haben wir etwas erreicht.“

Krimi im Comic

Schon in den zwanziger Jahren trieb Dr. Mabuse sein Unwesen. In Romanen und Filmen hat der skrupellose Verbrecher für Gänsehaut gesorgt. Drei herausragende deutsche Comic-Künstler – Isabel Kreitz, Eckart Breitschuh und Stefan Donten – haben sich neue Geschichten für Dr. Mabuse ausgedacht, die in der heutigen Zeit spielen. In sechs Bänden erscheint neben den Comics um Atomkraftwerks-GAU und Zugunglück auch eine Dokumentation der Romane und Filme über den mysteriösen, gespenstischen Mabuse.

Gesetz der Elektrizität

„lotte ohm“ ist keine Dame mit Lockenwicklern, sondern ein Mann, der 1997 seine erste Platte herausgebracht hat. Darauf folgten weitere. Zuletzt hat sich der Musiker in seine Musikwerkstatt ins bayerische Regensburg zurückgezogen und mit Samples und Instrumenten eine vielbeachtete CD eingespielt. Musikalisch vielseitig, immer auf tanzbare Rhythmen bedacht, ist die Musik von „lotte ohm“ ein Produkt der Moderne, das die letzten Jahrzehnte zeitgenössischer Musik spüren lässt.








Anarchistischer Mix

Acht Musiker von „Kap Wlodek“ greifen zu ihren Instrumenten und spielen drauflos: Polka, Ska, Pop, Walzer, Easy Listening, Tango, Blasmusik, Folk, Lagerfeuerblues. Nicht alles auf einmal, aber alles irgendwann einmal. Und noch mehr – die virtuosen Musiker singen zwar keine Lieder, die Musik bleibt instrumental, aber mit irrsinnigem Witz und Spielfreude schaffen sie anarchistischen Trash. Davon zeugen auch die einfallsreichen Songtitel wie „Freiheit, Reichtum, Schönheit, Glück“ oder „Warum sagt der Dicke: Das habe ich schon vorher gewusst?“



Roey Marquis II

Roey Marquis II. sorgt für den Hip-Hop der anderen Art: Keine vorhersehbaren Sprechgesänge, sondern „Musik aus dem Bauch“, wie er selbst den Sound beschreibt. Zugrunde liegt ein Groove, der ins Rückenmark geht. Roey komponiert und mixt die Songs. Zahlreiche Freunde aus der deutschen Hip-Hop-Szene (beispielsweise Creutzfeld + Jakob) kommen dann ins Studio und singen, rappen, oder reimen zu den Songs von Roey. Die Stücke werden nicht bis ins Detail arrangiert. Der Einfallsreichtum und das Können der Musiker im Studio sind wichtiger. Das Ergebnis: Musik, deren Spontaneität schnell auf den Zuhörer überspringt.

Nicht so aufgekratzt

„Contriva“ aus Berlin ist ein Quartett, das ruhige und zumeist instrumentale Musik spielt. Die vier Musikerinnen und Musiker kennen sich von der Schule. Inzwischen studiert Max Chemie, Rike ist an der Schauspielschule, Masha studiert Sprachen und Hannes überlegt noch, welchen Weg er gehen soll. Die Band Contriva ist ihr gemeinsames Projekt, das die ganze Freizeit in Anspruch nimmt.
JUMA: Eure Musik klingt melancholisch. Könnt ihr dem zustimmen?
Contriva: Ja, wir sind ein bisschen melancholisch. Wir sind eher ruhigere Leute, in der Hinsicht verstehen wir uns gut, machen auch deswegen gern Musik zusammen. Wir sind nicht ganz so aufgekratzt, keine Partyband.
JUMA: Habt ihr eure Platte in der hektischen Hauptstadt Berlin aufgenommen?
Contriva: Die haben wir in mehreren Etappen aufgenommen. Wir haben uns ein Ferienhaus in der Slowakei gemietet und unser Equipment mitgenommen. Wir wollten irgendwie in den Osten, weil es da landschaftlich ganz schön ist. Außerdem wollten wir aus Berlin raus, um ungestört zu sein. In Berlin haben wir die Musik später abgemischt.
JUMA: Begreift ihr euch als Teil der Berliner Musik-Szene?
Contriva: Wir sehen uns nicht in irgendeiner Bewegung. Wir sind von anglo-amerikanischer Gitarrenmusik beeinflusst, von Songwritern.