JUMA 4/2002

 
Auf Weltreise

Die Weltausstellung EXPO 2000 in Hannover ist vorbei. Millionen Besucher waren von den Länderpavillons, von dem Themenpark und von dem Kulturprogramm begeistert.
Susanne und Arndt, beide 19 Jahre alt, haben JUMA gezeigt, was ihnen am besten gefallen hat.

Der "Wal“ war das Wahrzeichen der EXPO 2000 Hannover. In diesem Pavillon diskutierten Jugendliche über die Zukunft.

Sommer 2000. Susanne arbeitet 2 Monate, Arndt 4 Wochen täglich 7 Stunden im Pavillon der Hoffnung.

Dieser Jugendpavillon sieht aus wie ein Wal und wurde zum Wahrzeichen der EXPO 2000. Er ist ein Gemeinschaftsprojekt der Deutschen Evangelischen Allianz, des Hilfswerkes World Vision und des Christlichen Vereins Junger Menschen (international: YMCA).
Susanne und Arndt helfen im Café, sie teilen Prospekte aus, sie führen durch eine Ausstellung weltweiter Hilfsprojekte und sie beantworten Besucherfragen dazu. Beide sind aus Überzeugung hier. "Wir sind Christen“, sagen sie, "und wollen etwas für unseren Glauben tun.“
Susanne und Arndt bekommen für ihre Arbeit kein Geld. "Andere Pavillons haben Angestellte“, sagen sie, "wir engagieren uns für eine Idee!“ Die Idee: mit jungen Menschen aus aller Welt Gedanken austauschen und Visionen für die Zukunft entwerfen.
In den 6 Monaten der Weltausstellung arbeiten rund 1 500 junge Leute aus 38 Ländern im "Wal“. Das schafft internationales Flair und ermöglicht Kontakte. Manche Freundschaften halten über die EXPO hinaus.

Von Pavillon zu Pavillon

Der Pavillon von Island sah aus wie ein großer Eiswürfel. An seinen Außenwänden floss Wasser herab – so als wenn er schmilzt.

Einmal in der Woche haben Susanne und Arndt frei. Dann werden auch sie zu Besuchern der EXPO. Einmal zeigen sie sich gegenseitig ihre Lieblingspavillons.
Susanne führt Arndt zunächst zum japanischen Pavillon. Er besteht
im wesentlichen aus Altpapier. Eine Papierfabrik verarbeitet es nach der EXPO wieder. Diese "Nachhaltigkeit“ – eines der Themen der EXPO 2000 – beeindruckt Susanne.
Dann zeigt sie Arndt "Nepal“. Der Pavillon des Himalayastaates ist einer der schönsten der EXPO. Er besteht aus einer buddhistischen Stupa (1) und aus einem hinduistischen Tempel. So vereinigt er die beiden Religionen des Landes. Die Gebäude sind Handarbeit. 2000 nepalesische Holzschnitzer, Steinmetze, Graveure und Weber benötigten 3 Jahre dafür.
Island präsentiert sich in einem blauen Kubus. An seinen Außenwänden läuft Wasser herab. So entsteht das Bild eines Eiswürfels, der schmilzt. Im Inneren schießt eine Fontaine in die Höhe – so wie in Island die Geysire.
Weiter geht es zu den Pavillons von Venezuela, Thailand und Kanada.
Schließlich kommen Susanne und Arndt zur "cyclebowl“. Das englische Wort bedeutet auf deutsch "Kreislauf-Schüssel“. So heißt der Pavillon des Dualen Systems, ein sogenannter Weltpartner der EXPO 2000. Diese Privatfirma entsorgt in Deutschland neben der staatlichen Müllabfuhr Verpackungsabfälle wie zum Beispiel Kunststoff oder Plastik und führt sie der Wiederverwertung zu.
Innen- und Außenarchitektur der "cyclebowl“ sind ein Symbol für Kreisläufe. Wiederverwertbare Materialien, Leichtbauweise und das Klimasystem zeugen vom sorgfältigen Umgang mit Rohstoffen. Arndt findet das Thema "Recycling“ gut dargestellt – "ohne erhobenen Zeigefinger!“

Tolle Stimmung

Im "lebendigen Tunnel“: Die Kunstwelt "scape“ orientierte sich an Formen der Natur, zum Beispiel an Grashalmen.

"Eigentlich sind alle Pavillons interessant“, sagt Arndt, "denn jeder hat viel Mühe, Geld und Zeit investiert.“ Viele Länder stellen allerdings touristische Aspekte in den Vordergrund.
Arndt meint, dass sie "nur ihre Sahneseite zeigen“ und "die Probleme im jeweiligen Land kein Thema sind.“ Trotzdem schwärmt er wie alle jungen Leute von der Afrika-Halle, wo die meisten afrikanischen Länder vertreten sind: "Hier wird voller Lebenslust getrommelt, gesungen und getanzt. Eine tolle Stimmung!“ Susanne gefällt daran, dass die ganze Halle ein einziger Basar ist: "Masken aus Kenia, Töpferarbeiten aus Ghana, Holzfiguren aus dem Tschad – alles super Mitbringsel (2)!“ Das kulinarische Angebot ist für manche Gaumen sehr exotisch: Eines der Restaurants hat Krokodil, Büffel und Antilope auf der Speisekarte.

Fest der Sinne

Im Jugendmedienpavillon "scape“ begegnen Susanne und Arndt einem Cyberzauber. Installationen, Licht, Farben und Klänge verschmelzen Reales und Virtuelles. Die bizarre Erlebniswelt soll den bewussten Umgang mit neuen Medien fördern und ist interaktiv: Susanne schaltet Lampen aus, indem sie sich entspannt; Arndt nimmt auf einem Sessel Platz, der ferngesteuert ist.Der benachbarte "Themenpark“ beschäftigt sich mit der Gegenwart und mit der Zukunft unseres Planeten.
Zunächst gehen Susanne und Arndt in die Halle "Wissen“. Hier fühlen sie sich wie auf einem anderen Stern. Sie sind umgeben von "Info-Wesen“ – große weiße Kapseln, die Töne erzeugen, Bilder zeigen und auf Bewegungen reagieren. Jeder ihrer Schritte verändert diese Welt – so wie sich das weltweite Netz im Internet mit jedem Benutzer wandelt.
Arndt kritisiert, dass einer der Sponsoren der Halle "Mensch“ eine Gen-Technik-Firma ist und Gen-Technik als Lösung aller Probleme dargestellt wird. Seiner Meinung nach verschweigt man die damit verbundenen Probleme bewusst. "An anderer Stelle wird Atomkraft

Der deutsche Pavillon zeigte in seiner "Ideenwerkstatt“ Büsten von Menschen, die das Land positiv beeinflussten.

völlig unkritisch gesehen“, sagt er und er fügt hinzu: "Ich bin eben ein kritischer Erdenbürger!“

Mosaik Deutschland

Der Deutsche Pavillon liegt in der Mitte des EXPO-Geländes. In der "Ideenwerkstatt Deutschland“ begegnen Susanne und Arndt Büsten von Menschen, die Deutschland positiv beeinflusst haben.
Dazu gehören der Begründer der Love-Parade Dr. Motte, der Jugendbuchautor Janosch, die Tennisspielerin Steffi Graf, die Schauspielerin Romy Schneider – aber auch die Lehrerin Irmela Schramm, die in Berlin ausländerfeindliche Graffiti entfernt. Der Film "Deutschland mittendrin“ zeigt ein Nachbarschaftsfest in einem Berliner Innenhof: Menschen kommen zusammen, tauschen Erinnerungen aus und sprechen über ihre Wünsche an das 21. Jahrhundert. Brücken symbolisieren den Weg dahin. In der Multimedia-Show "Mosaik Deutschland“ stellen sich die 16 Bundesländer vor. Außerdem ist jedes Bundesland mit einem Ausstellungsstück vertreten. Aus Baden Württemberg kommt zum Beispiel der erste Benz-Patent-Motorwagen von 1886 – das erste Auto.
"Der Deutsche Pavillon interessiert mich eigentlich weniger“, meint Arndt, "weil ich Deutschland ja kenne, aber die Darstellung ist ganz o.k.!“

Erschöpft, aber glücklich

Die Zeit drängt. An einem Tag ist die EXPO nicht zu schaffen. Selbst eine Woche ist knapp, wenn man allessehen will.

Susanne will Arndt aber unbedingt noch den Pavillon der Vereinigten Arabischen Emirate zeigen. Ungarn, Dänemark, Estland, die Schweiz und Jordanien müssen warten, obwohl sie auf der Liste der Lieblingspavillons der beiden stehen.
Die Vereinigten Arabischen Emirate haben ein malerisches Wüstenfort gebaut. Es erscheint abends in fantastischem Licht. Susanne und Arndt brauchen orientalische Geduld, um hineinzukommen. Sie verbringen fast eine Stunde in der langen Warteschlange. Aber das Warten lohnt sich: Die Araber zaubern auf 6 000 Quadratmetern eine Welt wie aus 1 001 Nacht. In einem 360-Grad-Kino stellen sie beeindruckend "Tradition und Moderne“ ihrer 2000-jährigen Geschichte vor.
Um 21 Uhr 30 schließen die Pavillons. Susanne und Arndt sind erschöpft, aber glücklich. Nun wartet noch "Flambée – Human Facets (menschliche Facetten)“ auf sie, ein 30-minütiges Theater-Spektakel mit Licht-, Video- und Computeranimation am EXPO-See.
Auf der Zuschauertribüne sagt ein Mädchen zu seiner Mutter: "Am liebsten ginge ich hier nie wieder weg!“

Worterklärungen:
1. Die Stupa – buddhistischer Sakralbau
2. Das Mitbringsel – das Souvenir

Länderpavillons

Auf der EXPO 2000 stellten sich 155 Nationen vor. Die Niederländer hatten einen der spektakulärsten Pavillons (1. Bild unten).
6 Landschaften stapelten sich übereinander und vermittelten das Bild eines "Big Mac“. Das Motto: "Holland schafft Raum“.
Der Jemen hatte einen Palast gebaut (2. Bild unten). Er glich bis ins Detail einem jemenitischen Handelshaus, einer "Samsara“. Winzige Läden umgaben einen Marktplatz, auf dem es nach Gewürzen duftete. Hier standen Schmuck, Textilien und Geschirr zum Verkauf. Auf dem Dach des Pavillons von Estland (3. Bild unten) rauschte ein Fichtenwald.



Themenpark

In den 5 Hallen des Themenparks ging es um "die Entdeckung einer neuen Welt“. Die Roboter in der
Halle "Wissen“ hießen "Info-Wesen“ und schwebten wie ein Fischschwarm durch einen tiefblauen Raum (Bild 1 unten). Die Botschaft: Der Mensch muss lernen, sich im Informationsdschungel zurechtzufinden. Im Supermarkt der Halle "Basic needs“ (Grundbedürfnisse) quoll ein Überangebot an Waren aus den Regalen (Bild 2 unten). Dazwischen türmten sich Müllberge, die für viele Arme in der Dritten Welt Lebensgrundlage sind. Die zentrale Frage hier war: "Was braucht der Mensch unbedingt zum Leben?“


Kulturprogramm

Das Kultur- und Ereignisprogramm der EXPO 2000 umfasste Tausende von Veranstaltungen – Rockkonzerte, Kunstausstellungen, Filme, Theateraufführungen … Allabendlich lockte eine Performance aus Feuer, Licht, Musik und Wasser die Besucher an den EXPO-See. "Flambée “ hieß das Spektakel (1. Bild unten). "The pink building“ ("Das rosa Gebäude“, 2. Bild unten) war Teil eines Kunstprojektes. Die Niederländerin Lily van der Stokker hatte die Fassaden einer leeren und fensterlosen Halle mit leuchtenden Farben bemalt. Die Halle sah aus wieeine Pralinenschachtel und war schon von weitem gut sichtbar.