JUMA 2/2000

  Megawatt statt Megatonnen

Kastellaun ist ein idyllisches Dorf im Hunsrück. Früher stand der kleine Ort auf der Landkarte der Militärs, denn bei Kastellaun bewachten amerikanische Soldaten die Raketenbasis „Pydna“. Der Kalte Krieg ist vorbei. Jetzt geht es in der ehemaligen Militärstation seit einigen Jahren heiß her.

Seit fünf Jahren treffen sich Techno-Fans einmal im Jahr zu dem Festival „Nature One“. Statt Cruise Missiles findet man in den Raketenbunkern buntes Partyvolk. Den roten Knopf drücken nicht mehr Soldaten, sondern Discjockeys aus 25 Ländern: Megawatt statt Megatonnen. Sven Väth und Carl Cox, Westbam und Mark Spoon sind nur einige der Stars, die auftreten. Elektronische Musik von Techno über House und Electro bis Drum&Bass wird gespielt. Musik-Clubs aus ganz Deutschland sind mit eigenen „floors“ vertreten.Eine Atomraketenbasis als „dancefloor“ und Campingplatz? Davon hätten in den 80-ern weder das Verteidigungsministerium noch die Friedensbewegung geträumt. „Hier war absolutes
40 Techniker arbeiten eine Woche, um die Technik für das Festival vorzubereiten. Noch hat niemand Kabel-Kilometer und Wattzahlen gezählt.


Sperrgebiet“, erzählt Oliver von der Festival-Crew. Doch heute kommen 20 000 Leute her, um gemeinsam und friedlich zu feiern. Der Lärm stört niemanden, denn die Basis liegt mitten im Grünen. Nur auf die Flugzeuge, die auf dem nächsten Flughafen landen, muss man Rücksicht nehmen: Die Laser des Festivals schießen kilometerweit in den Nachthimmel – aber nur, wenn keine Maschine landet.