JUMA 2/2002

  Unverwechselbar: Zwillinge

In der griechischen Mythologie und in den Religionen des Altertums werden sie als Götter verehrt: die Zwillinge. Doch auch die Wissenschaft interessiert sich seit mehr als hundert Jahren für sie. An ihnen erforscht man die Vererbung menschlicher Eigenschaften und den Einfluss von Umweltfaktoren. JUMA besuchte Iris und Sandra, eineiige Zwillinge und 15 Jahre alt.

Zwei eigenständige Persönlichkeiten, aber auch zwei eineiige Zwillinge, die vieles verbindet: Sandra und Iris
Als Sandra und Iris geboren wurden, sahen sie sich nicht besonders ähnlich. "Sandra war rund und hatte ein knallrotes Gesicht. Iris dagegen war als Baby schlank und dünn“, erinnert sich ihre Mutter. Das änderte sich aber mit der Zeit: Die beiden wurden sich immer ähnlicher. Heute kann man sie fast verwechseln. Doch es gibt einige feine Unterschiede. "Sandra hat über der Stirn und dem Mund eine kleine Narbe und ein viel runderes Gesicht“, sagt ihre Schwester Iris. Und dann ist da auch noch die Körpergröße! Mit 1,66 m ist Sandra heute genau zwei Zentimeter größer als ihre Schwester. Ihre Eigenheiten unterstreichen die beiden durch ungleiche Kleidung und Frisuren. Zum Interview mit JUMA erscheint Sandra mit Zopf und ohne ihre Brille, die sie eigentlich genauso wie ihre Schwester Iris braucht. Trotz ihres unterschiedlichen Auftretens haben Sandra und Iris vieles gemeinsam. Dazu gehören die Liebe zu ihrem Hund und Hobbys wie Musik und Computerspiele. Doch die beiden Mädchen mögen es nicht, wenn man sie immer miteinander vergleicht oder verwechselt. So, wie es oft in ihrer Schule passiert. "Das kann ganz schön nerven“, meinen sie einträchtig. Nicht nur die Lehrer, auch die Oma kann die Schwestern nicht auseinanderhalten.

Kind in doppelter Ausführung

Früher hätte sie es lieber gesehen, wenn ihre Enkelinnen identisch gekleidet wären. Ähnliches Aussehen, gleich gekleidet, ein Kind in doppelter Ausführung! "Das finden viele Leute niedlich“, berichtet die Mutter von Sandra und Iris. "Fremde Menschen standen an meinem Kinderwagen und versuchten die Mädchen anzufassen“, erinnert sie sich. Sie achtete stets darauf, dass ihre Töchter unterschiedlich gekleidet waren und später getrennte Zimmer bekamen. Sie sollten als eigenständige Persönlichkeiten aufwachsen und früh lernen sich abzugrenzen.

Irgendwann trennen sich ihre Wege

In der Schule besuchen Iris und Sandra verschiedene Klassen, was beide bedauern. Denn anders wäre es viel praktischer, finden sie. Doch ihre Eltern wollten es so. "Früher gingen sie zusammen in eine Klasse. Damals waren sie im Unterricht abgelenkt und unkonzentriert. Und bei den Hausaufgaben hat sich jede auf die andere verlassen“, erklärt ihre Mutter. Lustige Verwirrspiele, so wie sie in dem Buch "Das doppelte Lottchen“ von Erich Kästner vorkommen, haben Sandra und Iris nicht gespielt.
Sandra und Iris möchten später einmal Tierarzthelferinnen werden. Auch wenn sie den gleichen Berufswunsch haben: Irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem sich ihre Wege trennen werden. So, als wären sie ganz normale Schwestern ...
Petra Kroll