JUMA 2/2002

  Traumberuf: Model


Eva ist Schülerin. Nebenbei arbeitet sie als Model. Ihre Erfahrung: "Als Model ist man nur Objekt.“ Sie will später vielleicht als Modedesignerin arbeiten.
Es ist drei Jahre her. Naomi, damals 17, passierte das, wovon viele Mädchen träumen. "Hast du Lust, bei einem Model-Wettbewerb mitzumachen?“, fragten Mitarbeiter einer Agentur die Schülerin auf einer Messe für junge Leute. "Ich hatte vorher schon mal mit dem Gedanken gespielt zu modeln. Ich habe gezögert, weil ich es mir nicht so richtig zugetraut habe“, erinnert sie sich. Wie viele andere Mädchen in ihrem Alter fragte sie sich damals: "Bin ich überhaupt hübsch genug für diesen Job?“ Inzwischen arbeitet Naomi als Model für die Agentur "No Toys“ in Düsseldorf. In einer halben Stunde geht ihr Flieger nach Mailand. Reisen gehört heute zu ihrem Beruf. Mal arbeitet sie in New York. Zwei, drei Tage später jettet sie zu Fotoaufnahmen nach Paris. Während ihrer Arbeit lernt sie viele interessante Leute kennen. Einmal waren es sogar die Backstreet Boys. "Modeln“, sagt sie heute, "ist ein sehr schöner Beruf. Aber es ist nicht mein Traumjob. Man sieht oft nur den Glanz und den Ruhm, aber nicht die harte Arbeit, die dahinter steckt.“.
Als sie das erste Mal in Mailand war, ist sie von Casting (1) zu Casting gelaufen. Die Konkurrenz ist sehr hart. Viele Mädchen dort warten auf ihre Chance und träumen von der großen Karriere. "Manche sprechen kein Wort Italienisch, verdienen kaum etwas und leben in ärmlichen Verhältnissen“, erzählt Naomi.

Eva ist Schülerin. Nebenbei arbeitet sie als Model. Ihre Erfahrung: „Als Model ist man nur Objekt.“ Sie will später vielleicht als Modedesignerin arbeiten.
Wer es als Model schaffen will, muss nicht nur gut aussehen, schlank und groß sein. "Ein Model muss auch Ausstrahlung und Selbstbewusstsein besitzen“, erklärt Sylvia Esch von der Agentur. Außerdem brauchen die Mädchen viel Selbstdisziplin. Bis
Make-up und Haare sitzen, muss man stundenlang stillhalten und bei den Fotoaufnahmen das heiße Scheinwerferlicht ertragen. Die Agentur vermittelt rund 300 Mädchen und Jungen für Fotoaufnahmen und Modenschauen. Säuberlich aufgereiht lächeln ihre Gesichter von den Setkarten auf den Regalen. Die Setkarte gilt als Visitenkarte des Models, auf der Maße, Körper- und Schuhgröße stehen. Zu Präsentationszwecken hat jedes Model aber auch über ein Buch mit Fotos von sich, die seine Vielseitigkeit zeigen.
Eva, 15 Jahre, geht noch zur Schule. Zum Modeln kam sie durch ihren älteren Bruder. Er ist Fotograf. Für ihn stand sie schon als kleines Kind vor der Kamera. Vor einem Jahr rief sie bei "No Toys“ an. Ein Freund ihrer Eltern, Modedesigner, hatte ihr die Agentur empfohlen. "Wie groß muss man sein, um zu modeln?“, wollte sie damals wissen. "Mindestens 1,72 m“, erfuhr sie am Telefon. Heute ist Eva 1,76 m groß und schon als Model auf einer Modenschau für Hugo Boss in London gelaufen. Die Arbeit im Ausland ist für sie noch etwas Besonderes. Damit Eva keine Probleme in der Schule kriegt, vermittelt ihr die Agentur überwiegend Termine im Inland und während der Schulferien.
In den letzten Jahren hat die Modelbranche einen schlechten Ruf bekommen. Man las von Drogen und Missbrauch Minderjähriger. Die Eltern von Eva und Naomi reagierten darum anfangs zurückhaltend, als sie von den Plänen ihrer Töchter erfuhren. Worauf man achten muss, um nicht an eine unseriöse Agentur zu geraten, erklärt Sylvia Esch. "Eine professionelle Agentur nimmt niemals Geld von einem Nachwuchsmodel. Wenn eine Agentur 600 bis 1000 Mark als Aufnahmegebühr oder für einen Modelkurs verlangt, ist sie unseriös.“ Überhaupt lässt sich Modeln nicht lernen. "Keiner der Profis war jemals in einer Schule. Entweder man hat das Gefühl, sich vor der Kamera zu bewegen, oder es geht nicht.“
Für Eva und Naomi steht heute schon fest, dass der Job für sie kein Beruf mit Zukunft ist. "Meistens ist mit Ende 20 Schluss“, so Naomi. Sie will im nächsten Semester anfangen, Betriebswirtschaft in Düsseldorf zu studieren. Eva dagegen könnte sich auch vorstellen, "etwas Kreatives in der Modebranche“ zu machen, vielleicht sogar selbst Modedesignerin zu werden. "Als Model ist man nur ein Objekt. Man kann keine eigenen Ideen einbringen und muss sich bewusst sein, dass man geformt und gestaltet wird“, gibt sie ihre Erfahrungen wieder. Deshalb will sie als Model nur weiterarbeiten, wenn sie eine wirklich große Chance bekommt. Aber die ist bekanntlich selten, denn nur ganz wenige schaffen es und werden so berühmt wie Claudia Schiffer.
Text: Petra Kroll; Fotos: Paul Vinzenz, No Toys

1 Casting - Termin, bei dem sich Models, Schauspieler usw. vorstellen können